Defäkation in Achtsamkeit

Es wird Herbst, der Schwesternrücken tut weh und Ma wollte sich deshalb heute mal umschauen, ob man denn irgendwo einen Yogakurs machen kann. Hatten wir vor ein paar Jahren schon mal und war an sich echt gut. Habe also recht unbedarft die Tür zu den vielen Möglichkeiten geöffnet und bin seitdem auf der Flucht. Auch diese Zeilen hacke ich im Laufen in irgendeine Tastatur und man möge mir die Flüchtigkeitsfehler verzeihen, die sich in einer solch bedrohlichen Situation einschleichen werden. SIE sind hinter mir her wie eine wollene Armee, die tausend dicken Socken, die man mitbringen muß, während die Decken wild flatternd versuchen, mir den Weg abzuschneiden, um mich in einen Mantel aus vermeintlicher Gemütsruhe einzuhüllen. Sind wir nicht alle ein bißchen A.C.H.T.S.A.M?? Im Herzen, im Ohrschmalz und auch im großen Zeh, dem wir auch gleich einen dicken Knutschi geben, weil er uns so gut durch’s Leben trägt (wofür dann ja wohl ein Yogakurs erforderlich ist, denn wer kriegt schon einfach so seine Flosse an den Mund?) Entdecken wir doch unseren inneren Kraftquell beim Sitzen auf selbstgehäkelten und aufgeladenen Meditationskissen und tönen uns in die nächste Dimension der Erleuchtung für Anfänger. Wellbalanced beim Zähneputzen, Einkaufen, Kinderanschreien, in der Scheidung und wenn das Klopapier alle ist.
Mit letzter Kraft schaffe ich es, mich vor meinen Verfolgern in ein einsames Klohäuschen zu retten und die Tür zu verrammeln.
Aufatmend setze ich mich, um in Ruhe über meine Situation nachzudenken. Da ertönt ein dunkler Gong, der irgendetwas in meinem Inneren zum Schwingen bringt. Und dann eine sanfte Stimme, die sagt:

Danke, daß sie die achtsame Toilette benutzen. Schließen Sie jetzt Ihre Augen und spüren Sie die Teile Ihres Hinterns, die auf der Klobrille aufsitzten. Dann wandern sie mit Ihrer Aufmerksamkeit einmal von oben nach unten durch Ihren Gastrointestinaltrakt – vom Mund durch die Speiseröhre – sie sind sich ihres Magens voll bewußt, sie passieren dann den Übergang in den Dünndarm und gelangen von dort in den Dickdarm, der in der Medizin den klangvollen Namen Colon trägt. Tönen sie nun in einer für sie angenehmen Tonhöhe mehrfach laut das Wort Colon und spüren Sie, wie Ihr Dickdarm zum Leben erwacht. Lassen Sie sich von seinen geschmeidigen Bewegungen weitertragen, bis Sie dann nach langer Dunkelheit wieder Licht am Ende des Tunnels erblicken. Lassen Sie ganz los und sich einfach fallen in diesen wunderschönen Moment der Ausgeglichenheit.

Ma Baker

Ein Gedanke zu „Defäkation in Achtsamkeit

  1. Liebste Ma, ich finde das sehr mutig von uns, dass wir uns in die Hölle der tausend Wollsocken, das Inferno der Kuscheldecken und die Abgründe des Wellbalancing begeben, und das nach all unseren bisherigen Erfahrungen! Total ausgeglichen, die aktuelle
    P.S.: Mein favi ist natürlich wellbalanced beim Kinderanschreien 😉

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