Für die Maulfaulen

Menschen reden!
Über alles mögliche und nichts. Über Fußballergebnisse, Kindheitstraumatas, Menstruationsbeschwerden, das, was ihnen heute beim Einkaufen passiert ist, über ihre PartnerInnen oder darüber, dass sie keine(n) haben, über Agavensirup statt Zucker im Kaffee , darüber, dass Sojamilch in selbigem ausflockt und dann aussieht wie Kotze und darüber, dass es total gut ist, mit jemandem über all das zu sprechen.
Es gibt viele verschiedene Arten, zu reden. Mal blubbern die Wörter aus Menschen heraus wie aus einer lecken Wasserleitung, ein stetiges gleichförmiges Sprudeln ohne nennenswerte Höhen und Tiefen. Oder sie blubbern nicht, sondern spucken wie ein Vulkan Worteruptionen, unterbrochen von kurzen Momenten des Atemholens. Manchmal kommen Worte nur mühsam hervor, der Sprechende scheint sie vor die Tür beziehungsweise aus dem Mund prügeln zu müssen wie einen ungebeten Gast. Und selbst wenn sie schon draußen sind bleiben sie noch an einem kleben wie Kaugummi und ziehen schwerfällige Fäden.
Manchmal haben Wörter ein Echo, das wie etwas Fremdes zu uns zurück kommt. Man hört sich selber zu und fragt sich: Gott, was rede ich da eigentlich??? Und redet weiter.

auch ein Geblubber

Es gibt Menschen, deren Mitteilungsbedürfnis gleicht einem Tsunami. Sie fangen irgendwo an und hören nirgendwo auf. Nachdem man sich durch verschiedene Stufen der Höflichkeit gekämpft hat kapiert man vielleicht, dass es nicht um den Inhalt geht, sondern um den Akt des Sprechens ansich. Und kann dann nochmal neu entscheiden, ob man weiter tapfer lächelt, oder durch’s Klofenster abhaut.
Es ist beinahe unmöglich, sich der verbreiteten Kulturpraxis des Redens zu entziehen. Reden bedeutet Kontakt, Interesse, viele Freunde, Zuspruch, Lebensfreude und Eis am Stiel. Eine Beziehung ist glücklich, wenn man sich was zu sagen hat, wenn nicht, ist das Grund zur Besorgnis. Wer redet, ist mittendrin, hat Anteil, ist dynamisch und agil, witzig und normal. Wer gerne die Schnauze hält ist nichts dergleichen, sondern sonderbar, eine Art Vakuum im Wortuniversum und keiner weiß, was darin lauern könnte. Menschen mögen keine Vakuümmer.
Damit muß Schluß sein. Ich erkläre hiermit, dass ich dynamisch, lebensfreudig, wahnsinnig witzig, äußerst normal, interessiert sowie ein Eis am Stiel bin und trotzdem manchmal einfach total gerne und zufrieden meine Klappe halte.
Gleichgesinnte können sich mit mir gerne auf einem Schweigekaffee im Café Maulfaul verabreden.

Ma Baker

Ein Gedanke zu „Für die Maulfaulen

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