Kreissparkasse

Es ist ja alles nicht so einfach. Da lernt man einen netten, jungen Mann kennen, nennen wir ihn spaßeshalber Leitmayer, der, wie sich herausstellt, ebenfalls im letzten Jahr aufgrund emotional widriger Umstände das Laster des Rauchens wieder aufgenommen hat, und mit dem man prima plauschen kann, weil er ungefähr ebenso alberne Dinge erzählt wie man selbst. Dann trifft man ihn zufällig noch einmal und noch einmal und noch einmal, nur um irgendwann festzustellen, dass man denselben netten, jungen Mann (immer noch Leitmayer) gerne mal nicht zufällig, sondern eher so ganz gezielt treffen würde. Und, schwupps, hat man ein Problem.

Denn: Man hat weder eine amtlich autorisierte Handynummer noch einen offiziellen Anlass für eine Verabredungsoffensive, dafür jedoch umso mehr Klöße im Hals und Steine im Bauch. Das Problem eröffnet an dieser Stelle mehrere Lösungsmöglichkeiten: Entweder man veranstaltet ein Riesengehampel, um zufällige Begegnungen herbeizuführen, oder man wartet darauf, dass der andere sich möglicherweise erbarmt, was aber dauern kann, bis man Spinnweben ansetzt oder auch gar nicht passiert, oder man geht in die Dateoffensive und riskiert, mit einer Abfuhr emotional geschreddert zu werden, oder aber: Man bleibt auf der sicheren Seite und lässt das Ganze bleiben. Da wir von der Wunderbra-Redaktion jedoch bekanntermaßen fast nichts auslassen, um auch die letzten menschlichen Abgründe auszuloten und die finalen Fragen des Universums zu klären, haben wir uns in den vergangenen Wochen intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt: Wer meldet sich wann bei wem, und wenn ja, unter welchem Vorwand? Die Ergebnisse möchten wir der werten LeserInnenschaft, wie immer, natürlich auf gar keinen Fall vorenthalten.

Lässig wie Aschenbrödel

In meiner stets heroischen und aufopferungsvollen Art habe ich mich als Testperson zur Verfügung gestellt und mich der Problematik folgendermaßen genähert: Nach diversen Wahnsinnsaktionen, die zu gar nichts führten, sondern lediglich Zeit, Energie und Freundinnen verschlissen, und die ich auch nicht wirklich im Detail vertiefen möchte, berief ich schließlich den Hexenrat ein, der einen geschlagenen Nachmittag auf verschiedenen Kanälen damit verbrachte, Chancen und Risiken abzuwägen, um endlich einstimmig zu beschließen: Handynummer von Leitmayer recherchieren, per Kurznachricht Date anfragen, auf „Senden“ drücken und anschließend lässig wie Aschenbrödel über schneebedeckte Ebenen reiten, als wäre nichts passiert.

Und da es gegen die Beschlüsse des Hexenrats recht wenige Vetomöglichkeiten gibt, recherchiere ich gehorsam Leitmayers Handynummer, tippe eine SMS, drücke auf „Senden“, unterdrücke den Impuls, mein Handy auf der Stelle in der Toilette hinunterzuspülen und beneide Aschenbrödel um ihre Lässigkeit. Ich rechne mit Antworten von „Wie, bitte, kommst Du auf das schmale Brett?“ über „Noch eine SMS und ich ruf‘ die Polizei!“ bis hin zu einem schlichten „Nein danke, ich treffe mich nicht mit Stalkerinnen.“ oder einfach: Nichts. Eine Stunde passiert dann auch wirklich nichts. Dann kommt Leitmayers Antwort, und ich bin nicht sicher, ob ich sie lesen oder löschen will. Und dann ist plötzlich alles recht einfach. Per SMS, Gott segne den Erfinder, überlegen wir, was „Freitag“ oder „Samstag“ auf türkisch heißt, und ob wir uns lieber in der Kreissparkasse oder in der Volksbank treffen, entscheiden uns dann aber für erstere, denn da wohnt Leitmayer.

Abspann

Es wurde dann im Übrigen noch ein sehr netter Abend. Leitmayer und ich versackten in der Kreissparkassenküche, plauschten über Prinzessinnen, Halbmonde, Langeweile in der Badewanne sowie das Leben als solches, leerten dabei zwei Flaschen Wein und rauchten geschätzte 200 Zigaretten. Fazit: Die Dateoffensive habe ich überlebt, bei dem Jenseitsschädel am Morgen danach bin ich noch nicht ganz sicher.

die aktuelle

7 Gedanken zu „Kreissparkasse

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  2. Es geht auch ohne Hexenrat. Man muss nur die beste Mitbewohnerin der Welt an seiner Seite haben. Mir hat auch eine simple SMS den Weg zur (un-übertrieben!) Traumfrau geöffnet. Dumm nur, dass diese jetzt vom Weg abgekommen ist und der Wortteil „Traum“ jetzt plötzlich eine hässliche Bedeutung gewinnt…
    Aber lustig zu sehen, dass die Aktuelle, die nun wirklich keinen Grund hat sich zu verstecken, plötzlich in pubertäre Schüchternheiten verfallen kann.

    Halte dich dieses Mal schön von den Hecken fern und achte darauf, dass Mann dir folgt und nicht vom richtigen Weg abkommt (sag ich mal so aus eigener heulender Erfahrung). Seufz, Riesen-Seufzer.

  3. Ja, liebe Dr. Sprite, das war verdammt knapp! Nur mithilfe hochpotenzierter Homöopathie, ungezählten Hausmittelchen und stundenlangem Stillliegen ist es mir gelungen, einer kopfinternen Explosion zu entgehen. Das mit dem Ausschleichen können wir ja dann am Samstag noch mal üben.

    @Sicher im Netz: Leitmayer kannte den Batic-Blog bereits. Jeden Tag eine mutige Tat. Übrigens: Sein Schädel hat den Abend scheinbar besser weggesteckt als meiner.

  4. Yeah, du hast knapp überlebt. Dann über wir das doch nochmal mit 1 Flasche Wein und 100 Zigaretten. Danach die Dosis langsam ausschleichen. Das rät Ihr Gesundheit und
    Dr. Sprite

  5. Schöner, interessanter Artikel, ich frage mich nur was macht Leitmayer, wenn er merkt, dass er Thema im Blog von Batic ist?

  6. Liebe Rucke die Kuh, schön, dass hier wenigstens eine die Gesamtsituation im Auge behält! Aschenbrödel hatte selbstverständlich ihre drei Nüsse, dafür verfüge ich immerhin über einen Hexenrat, der zwar leider nicht serienmäßig flotte Ballkleider ausspuckt (oder wenigstenes eine Burka), dafür aber dann doch durchaus mit der weisen Eule mithalten kann. Was das Schuh-Drama betrifft: Ich brauche in der Tat neue Turnschuhe, nicht wegen Leitmayer, sondern grundsätzlich, und ich hege die Hoffnung, dass am Ende wenigstens alle ihre Körperteile behalten dürfen. Der Jahrhindert, äh, hundertbrummschädel ist allmählich Geschichte, nur meine Lunge fühlt sich noch an wie ein kleiner schwarzer Teerklumpen. So viel zu den Investitionen…

  7. Wenn man bei der Aschenbrödel-Metapher bleiben will, muß man auch die Gesamtsituation im Auge behalten. Sie war natürlich ziemlich cool, wie sie da auf der weiten Schneefläche davon geritten ist. Allerdings hatte sie auch so unbedeutende kleine Hilfen wie 3 Nüsse, die ein Ballkleid nach dem anderen ausgespuckt haben. Und weise Eulen, die immer wußten, was wann zu tun ist.
    Und nicht zuletzt gab’s auch nach dem Ball das krimireife Schuh-Drama, welches auch nicht zu vernachlässigen ist. Der Prinz mußte im ganzen Land suchen, es wurden Zehen und Fersen abgehackt und wer weiß was noch, bis endlich das Happy End da war.
    Scheint so, als müßte man einiges investieren im Leben. Zum Beispiel einen Jahrhundertbrummschädel, der hoffentlich wieder verflogen ist.

    Und noch ne FRage: Wieso ruckt eigentlich die Kuh? Eine weitere tiefsinnige Metapher??

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