re:publica 2012 and beyond

Bei so einer großen und wichtigen Blogger-Konferenz wie der alljährlich stattfindenen Berliner re:publica ist es natürlich nicht nur wahnsinnig prickelnd zu erfahren, was Internet-Größen wie Sascha Lobo, Mario Sixtus, Johnny Haeusler, Kathrin Passig oder Markus Beckedahl bei ihren Live-Acts so alles treiben, sondern auch und gerade einmal einen Blick jenseits der großen Netzweltstages zu riskieren. Aus diesem Grund haben sich Erstmaleinerauchen-Sprite und Momentichhabsgleich-aktuelle auf den langen Weg in unsere Hauptstadt gemacht und gemäß dem diesjährigen Motto ACT!ON exklusiv für Euch die finalen Fragen geklärt: Wo gibt es Essen? Wo ist die Raucherecke? Und wo sind hier die Toiletten? #rp12: So war es wirklich.


Weiß Deine Mama, dass Du rauchst?

Der erste Tag ist ziemlich krass. Es steht buchstäblich nichts mehr an seinem Platz, so wie neuerdings auch die lactosefreien Milchprodukte im Kaufland, die re:publica ist nämlich umgezogen in eine gänzlich neue Location, die STATION am Gleisdreieck, und das ist erst einmal zu viel für uns. Schließlich sind wir auch nicht mehr die Jüngsten, worauf man uns freundlicherweise unablässig aufmerksam macht, indem man uns siezt, egal, ob man uns den Kaffee über die Theke reicht oder uns um Papers und Filter anschnorrt. Man ist geneigt zu kontern: „Weiß Deine Mama eigentlich, dass Du rauchst?“

Auf 20 000 Quadratmetern des ehemals größten deutschen Paketumschlagplatzes ringen wir zwischen 4 000 TeilnehmerInnen um Orientierung, fremdeln und müssen erst einmal alles schlechtmachen. „Boah, diese Hallenakustik, das vertrag‘ ich ja echt nicht“, mault Erstmaleinerauchen-Sprite, „Ja, und diese ganzen Menschen!“, jammert Momentichhabsgleich-aktuelle. Abends fallen wir erschossen in unsere insgesamt acht Betten, unsere Hotelzimmer verfügen nämlich über einen jeweils sehr eigenen Humor: In Erstmaleinerauchen-Sprites Jugendherbergszimmer befinden sich sage und schreibe sechs Betten, aber keine Nachttischlampe, in Momentichhabsgleich-aktuelles Doppelzimmer mit Gardinen in erfrischendem Todesschwarz gibt es dagegen zwar nur zwei Betten, dafür aber eine Nachttischlampe, allerdings keine Steckdose. Aber man kann halt auch nicht immer alles haben.

Manisches Location-Loben und: Wo bist Du?

Nachdem wir am zweiten Tag unsere Krönchen zurechtgerückt und die Contenance wiederhergestellt haben, kann es so richtig losgehen: Erst einmal frühstücken, eine rauchen und dann ab zur STATION. Die Orientierung fällt heute schon deutlich leichter. Wir wissen, wo welche Bühne ist, welche Panels wir auf keinen Fall sehen wollen, wie viele Toiletten es gibt und wo man Kuchen, Rote Grütze und die letzte Hühnerbrust mit Ketchup-Mayonnaise bekommt. Ab jetzt ist manisches Location-Loben angesagt: Momentichhabsgleich-aktuelle begeistert sich nicht nur für das professionelle Catering inklusive Blumenschmuck auf den Tischen, sondern ganz besonders darüber, wie ordentlich alles gehalten wird. Kaum ist das Radler leergetrunken, wird auch schon die Flasche eingesammelt.

Um unsere Illusion von Halt, Orientierung und Sicherheit aufrechtzuerhalten, schicken wir uns mehrmals täglich Kurznachrichten wie „Wo bist Du“ oder auch mal „Huhu wo bist Du“, die wir wahlweise mit „Im Raucherhof“, „Vorne im Hof links kommst Du?“, „Raucherhof again“ oder „Auf dem Klo“ beantworten. So sehen Sieger aus! Darüber hinaus sind wir heute total engagiert und filmen alles, was uns vor die Linse kommt, manchmal sogar das Innenleben unserer Taschen. Wir entwerfen ein inneres Storyboard mit einem Spannungsbogen, der seinesgleichen sucht. Danach erst mal aufs Klo, einen Kaffee und natürlich eine rauchen.

Penis-Enlargement und gottesfürchtige Kinder

Herausragend ist an diesem Abend die Poetry-Spam-Lesung mit Sue Reindke, Carolin Buchheim, Maike Hank und Inés Gutiérrez aka Kaltmamsell, in der die vier Ladies einen thematischen Bogen von der Penisvergrößerung (Betreff: „Mäusepimmel?“) über Partnervermittlung bis hin zur Adoption gottesfürchtiger Kinder spannen. Zwischendrin lässt BigBrother-SüssOp die Momentichhabsgleich-aktuelle per SMS wissen, er habe per Webcam gesehen, wie sie zu spät zu eben dieser Veranstaltung gekommen sei. So viel zur allgegenwärtigen Überwachungsparanoia.

Sag zum Abschied leise Servus

Am dritten Tag heißt es Abschiednehmen, nicht nur von der rp12, sondern auch von Momentichhabsgleich-aktuelle, die abends gen Lingendingen aufbricht, um ihre Hotti-und-Lotti-Brut wieder in Empfang zu nehmen. Und obwohl Erstmaleinerauchen-Sprite, die noch einen Tag Hauptstadturlaub hinten dranhängt und daher ohne Peergroup zurückbleibt, zunächst in eine Phase vorläufiger Desorientierung verfällt, gelingt es ihr dennoch, sich ein neues Hotelzimmer zu organisieren. Ihre neue Unterkunft weist zwar lediglich vier Betten auf, dafür aber, Sensation, auch eine Nachttischlampe PLUS Steckdosenanschluss.

Zur gleichen Zeit ärgert sich Momentichhabsgleich-aktuelle im ICE über eine recht christdemokratisch anmutende junge Dame, die sie von ihrem Fensterplatz verscheucht, weil sie „reserviert!“ habe, ihre Nase dann aber doch nur die ganze Zeit in ein blödes Buch steckt. In ein paar Läster-SMS an Dr. Sprite fasst die aktuelle den Plan, das Gesicht der Fensterschnecke an die ICE-Scheibe zu drücken, damit sie auch besonders gut rausschauen kann, und Sprite schlägt vor, das Ganze fotografisch zu dokumentieren und zu flickrn. Als die aktuelle anfängt irre vor sich hin zu kichern, erntet sie pikierte Blicke. Die re:publica ist definitiv zu Ende.

die aktuelle & Dr. Sprite

Ein Gedanke zu „re:publica 2012 and beyond

  1. Liebe Momentichhabsgleich-Aktuelle
    Das mit dem Siezen kenne ich. Wenn man mit Ü35 studiert ist man für 99% seiner Komilitonen eine Oma oder sowas wie ein Mamaersatz. Hat aber auch Vorteile. In eine bestimmte Art Zickenkrieg wird man irgendwie nicht mehr involviert, das trauen se sich wohl nicht. Dafür laufen einem alle wie die Entlein hinterher, wenn man wie alle anderen die schon wieder verlegte Vorlesung, den nächsten Kaffeeautomaten UND natürlich das Klo sucht.
    Studioma

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