Wow!

vierzig
Vor meinem vierzigsten Geburtstag drückt der Große Geist noch einmal richtig auf die Tube. Man könnte auch sagen, er legt sich mächtig ins Zeug, gibt ordentlich Gas, lässt nichts anbrennen, großes Kino, Pauken und Trompeten, vom Feinsten, think big, kurz: er gibt alles.

Als ich bockige fünfzehn Jahre alt war, waren gerade Perestroika und Wind of Change, und ich hatte ein Vorbild: Gabriele Krone-Schmalz, „die erste Frau im ARD-Studio Moskau“. Gabi erklärte uns Deutschen aber nicht nur allabendlich Gorbi und die Situation vor Ort, nein, sie war auch um die vierzig, hatte streichholzkurze graue Haare und wirkte unfassbar seriös, souverän, gelassen und abgeklärt. Wenigstens sie schien die Dinge, vermutlich nicht nur in Moskau, voll im Griff zu haben. Damit hatte ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie frau mit vierzig Jahren so ist, und eben diese Zielmarke ließ ich in den letzten 25 Jahren keine Sekunde aus den Augen.

Wie Gabi in Moskau

So wurschtelte ich mich durch die Pubertät, die Adoleszenz, das Studium und wenn mich die Arbeit, schlaflose Babynächte, Trotzphasen und vorpubertäre oder andere irdische Unflätigkeiten mal wieder aus der Balance zu bringen drohten, stellte ich mir vor, wie ich eines Tages glorreich und mit wehenden Fahnen durch die 40er-Banderole stürmen und im selben Moment sämtliche Fallstricke, Widrigkeiten sowie die Vergangenheit hinter mir lassen würde, und ich wäre, so wie 1990 Gabi in Moskau, mit einem Schlag: unendlich seriös, souverän, gelassen und abgeklärt, kurz: auf der sicheren Seite. Soweit meine Vorstellung.

In der Realität spielt sich kurz vor dem großen Tag allerdings gerade folgender Showdown ab: Mit dem Hotti-Lotti-Papa könnte es, sagen wir mal, besser laufen, statt verfrühter Glückwunschkarten bekomme ich die Grippe und meine Mutter, mit der mich Zeit unseres Lebens eine doch recht unerquickliche karmische Verstrickung verband, segnet urplötzlich das Zeitliche und stirbt. Für den Großen Geist gibt es im Übrigen eine reelle Chance, dem Ganzen noch die Krone(-Schmalz) aufzusetzen, indem er die Bestattung meiner Mutter exakt an dem Tag stattfinden lässt, den ich mir ursprünglich zwar immer groß, pompös und frei von altem Ballast vorgestellt hatte, aber so dann irgendwie auch nicht. Nun gut, Contenance, wir sind schließlich quasi vierzig und nicht mehr fünfzehn, da sollte doch auch ein derartiger Unwahrscheinlichkeitsdrive in Würde zu schaffen sein. Und immer schön an Gabi denken.

8 Gedanken zu „Wow!

  1. Liebe Perle, jawoll, wir sind die richtig Harten und uns erschüttert nichts!!! Vielen Dank für diesen massiven Impuls zur Vorbereitung, da relativiert sich doch wieder Einiges. Wünsche viel Spaß und Erholung mit der neugewonnenen, wenn auch vorübergehenden Freiheit!

  2. Dearest Sprite, da sagen Sie was! Sie als geborener Hohepriester allerdings müssten da doch das eine oder andere Erklärungsmuster parat haben – ungünstige Sternenkonstellation? Ungünstige Inkarnation? Ungünstige Kombination?? Wir sezieren das nach Warschau. Baw się dobrze! Yours, Gabi

    P.S. an die Wunderbra-Gemeinde: Ich freue mich im Übrigen aufrichtig mitteilen zu können, dass Bestattung und Krone-Schmalz-Werdung nicht auf einen Tag fallen. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an den Großen Unwahrscheinlichkeitsgeist.

  3. Mit diesem Unwahrscheinlichkeitsdrive könnte locker eine ganze Raumschiffflotte angetrieben werden. May the gabi with you!

  4. @Ma: Auch eine denkbare Variante. Wünsche ihr für die nächste Inkarnation (und mir für das nächste Jahrzehnt) jedenfalls das Beste. May the force be with us.

  5. So tragisch das ist mit Deiner Mutter (Mitgefüüühl!): Vielleicht hat sie sich zusammen mit dem Großen Geist Deinen ambitionierten Plan zu Herzen genommen und Euch beide pünktlich zur endgültigen Krone-Schmalz-Werdung aus Eurem Karmadesaster entlassen, weil sie dachte, sie will Dir das nicht auch noch verderben.
    Bin gespannt auf Deinem Bericht – live aus Moskau und dem neuen Lebensjahr.

  6. Werte Julia, Fab40, genau, so sehe ich das auch! Und wer will denn bitte jetzt noch Medizin oder Moskau? Auch Dir natürlich nachträglich ein im besten Sinne auf- und anregendes neues Jahrzehnt – FLA ;)!

  7. Das tut mir leid zu hören 🙁 Aber ansonsten ist die 40 toll! Ich hatte ja schrecklich Bammel vor 30 (warum eigentlich?!). Aber #40andfab ist mein Hashtag des Jahres. Und es fühlt sich sooo gut an. Manche Dinge sind einfach abgehakt (wir werden nicht mehr Medizin studieren und vermutlich auch nicht mehr Auslandskorrespondentin in Moskau werden), mit manchen ist man durch und andere darf man durchaus noch ausprobieren. Chakka! Und alles Liebe für das neue Lebensjahr(zehnt)!

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