Hinten oder: Bleibt alles anders

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Ist 34 wie 17? Wenn nein, was ist dann anders, und wenn ja, wie hoch liegen dann die eigenen Entwicklungschancen? Die Wahrheit liegt mal wieder irgendwo dazwischen. Nein, 34 ist nicht 17. Das Bindegewebe ist nicht mehr dasselbe, das Nervenkostüm auch nicht, und wenn man eine Nacht lang feiern geht, muss man drei Tage lang dafür bezahlen. Man träumt nicht mehr ungetrübt vom Weltfrieden, besetzte Häuser und alternative Wohnprojekte sind nicht mehr die ultimative und einzig vorstellbare Lebensform, Arbeiten und Geldverdienen tun auch weniger weh als man mal dachte, man weiß, dass Tübingen und Thüringen nicht identisch sind, und sagt Sätze wie „Du machst das jetzt, WEIL ICH ES SAGE, VERSTANDEN?!“

Und ja, manche Dinge ändern sich offensichtlich nie. Nazis findet man noch genau so doof wie früher, man weigert sich weiterhin hartnäckig zu glauben, Atomkraft sei die beste Energiegewinnungsmethode, und man hegt nach wie vor die angesichts der Realität absurde Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird. Und warum sonst sitzt man in betrieblichen Versammlungen, Elternabenden und ähnlich spannenden Veranstaltungen noch immer in der letzten Reihe? Genau wie damals, in der Schule. Hinten: befremdet, angeödet, der Sinn will sich einem nicht erschließen. Man lacht noch immer an den falschen Stellen und ist betroffen, wenn von vorne Witze kommen. Man denkt daran, dass man aufs Klo muss, und man wünscht sich mindestens in die Raucherecke.

Zurück zur Ausgangsfrage, nämlich, ob sich manche Dinge niemals ändern und wir am Ende alle nur große Teenager sind. Ob die Rolle, die man einmal hatte, an einem klebt wie Pech und Schwefel, Teer und Federn. Wenn ja, dann werden wir vermutlich auch noch in der Seniorenresidenz, wenn die Pflegeleitung die Marschrichtung für das neue Jahr verliest, hinten sitzen, in der letzten Reihe, wie damals in der Schule, befremdet, angeödet und fassungslos angesichts der Gehirnwäsche, die von vorne kommt. Während wir darauf warten, dass uns der Zivi hoffentlich bald in die Raucherecke schiebt.

2 Gedanken zu „Hinten oder: Bleibt alles anders

  1. Lieber Ackerpaul!
    Du hast natürlich vollkommen recht: Von Republikanern spricht heute fast kein Mensch mehr, ihre Erwähnung war mehr eine Hommage an die wilden 90er und eine Frauen-Untergrundorganisation (FgR), die sich mit dem Verschwindenlassen und Zerstören ihrer Plakate beschäftigte. Ich habe mir, aufgeschlossen wie ich bin, Deine Kritik zu Herzen genommen und den Begriff aktualisiert.
    Bleibt die Frage, ob die ewigen Hintensitzer nicht einfach nur unter hochgradiger Profilneurotik und Selbstgerechtigkeit leiden. Jedenfalls söhnt mich die Aussicht auf kühle Cocktails im Altersheim wieder ein bisschen aus.

  2. sind wir mal ehrlich: wer glaubt denn heute noch an die republikaner?

    aber schon wahr: einmal letzte reihe immer letzte reihe. und gerade das macht uns doch zu unverbesserlichen weltverbeserern. die streber werden dereinst an ihren hübschen streberstreckefingern aufgehängt, um dann mit der wahrheit solange gegeißelt, bis sie sich selbst eingestehen müssen, dass ihnen das streben nur verachtung und an den streberfingern aufgehängt zu werden einbringt.

    wir aber, die ein unveräußerliches lebenslanges recht auf sitzplätze in der letzten reihe haben, werden diese szenerie mit genuss beobachten und uns derweil an kühlen cocktails laben, um dann drei tage zu regenerieren. das ham wir uns dann auch redlich verdient!

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