Ein Wort zum Sonntag, das die Welt vielleicht nicht braucht

Bild: Christian Watzke, Lizenz:CC

Es ist Sonntag! Und es ist heiß! An den Schwärmen von Fruchtfligen, die sich innerhalb von Sekunden um jedes unverpackte Stückchen Essen in der Küche hermachen kann man zweifelsfrei erkennen, daß Hitze und Lebensmittel in einer unheilvollen Wechselwirkung stehen. Man kann diesem Problem auf verschiedene Arten begegnen. Da gibt es die, die schon immer alles SOFORT wieder weggeräumt haben. Kennt jemand so jemand? Ich nicht. Dann gibt es die Hygieneanarchisten, die in der Devise “ Immer schön dreckig bleiben“ ihr Lebensmotto finden und damit den Rest ihres Daseins friedlich vor sich hinmodern. Und dann gibt es noch die Besserungswilligen, die irgendwann die 30 hinter sich lassen und sich eingestehen, daß Kompost, der selber zur Tür kriecht, weder etwas mit Punksein zu tun hat noch einen Akt des politischen Widerstandes dastellt. Seither bemühen sie sich redlich, ihre Küche nicht mehr in einen mikrobiologischen Spielplatz zu verwandeln. Mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg.
Eine wesentliche Ursache des Mißerfolgs liegt unserer Meinung nach in der Unfähigkeit, Entscheidungen zur rechten Zeit zu fällen. Sprich, wenn etwas heute schon so aussieht, daß ich es lieber nicht mehr essen will, warum lasse ich es dann trotzdem nochmal über nacht stehen. Etwa, weil ich glaube, daß es über Nacht eine Spontanheilung geben wird? Naja, man kann ja nie wissen. Vielleicht durchläuft die Lasagne eine wundersame Metamorphose, wenn man ihr nur genug Zeit läßt.
Oder wird zumindest selig gesprochen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Und wer denkt, im Sommer ist es mit Rausbringen getan, der sei an dieser Stelle eines Besseren belehrt. In Bruchbuda läuft zur Zeit ein herausforderndes Experiment mit verschärftem Material. Nix Essensreste oder halb angebissene Bananen. Wir haben uns an die höchste Disziplin gewagt – nämlich rohe Hühnerinnereien, die wir letzten Winter mal aus Verzweiflung erworben hatten, um ein Brathuhn mit schmackhafter Füllung auszustatten. Wofür wir etwa ein Fünftel der gekauften Hühnerherzen benötigten. Anstatt den Rest, der damals schon nicht sehr einladend aussah, einfach wegzuschmeißen, entschlossen wir uns für Einfrieren. Man weiß ja bekanntlich nie. Die letzten Monate verbrachten die Herzchen also in unserer Tiefkühltruhe und haben sich dort ihrer Natur entsprechend nach Herzenslust verteilt. Egal, was man anfaßte, man hatte immer auch ein geflügeltes Kreislaufzentrum mit dabei. Alles noch nicht wirklich schlimm, bis wir dann letzte Woche Platz brauchten und alles Überflüssige aus der Kühltruhe entfernt werden mußte. Die eingesammelten Herzchen standen wirklich nur kurz in der Kückhe herum. Es war sofort zu erkennen, daß man besser nicht zuließ, daß sie wieder zu sich kamen. So landeten sie flugs in der Mülltonne – und kamen dort zu sich. Zuerst war es nur der Hauch eines Geruchs. Sowas wie 5 Meter entferntes Katzen-AA. Nicht weiter schlimm. tags darauf wurde der Duft deutlich penetranter. Irgendetwas schwant einem ja dann schon, aber die Vorstellung ist zu gruselig, um sie wirklich an sich ranzulassen. Hält man halt beim Fahrradabstellen die Luft an, was soll’s. Oder läßt einen weiteren Tag später einfach die Fenster zu. Kommt eh nur Hitze rein. Man läßt einen weiteren Tag ins Land ziehen und findet ab Derendingen Arbeitsamt mit geschlossenen Augen nach Hause. Hat doch auch Vorteile, falls man in den nächsten 30 Jahren erblinden sollte. Jedenfalls ist klar, daß es inzwischen lebensbedrohlich sein würde, die Mülltonne nochmal zu öffnen. Man hat diesen Weg nun mal eingeschlagen und muß ihn jetzt auch konsequent zuende gehen – Sir, ja, Sir! Riechen sie etwas? Sir, nein, Sir!
Man kann ja mal verstohlen auf den Müllkalender schauen. Noch 3 Tage bis Abholung, naja, das ist jetzt auch nicht mehr das Problem. Unsere Schilde gegen die Realität funktionieren einwandfrei. Die unserer Nachbarn nicht. Es wird eine verschüchterte Bitte an uns gerichtet, wir mögen doch der Ursache dieses Gestanks nachgehen, da auch unsere Nachbarn inzwischen ihre Fenster geschlossen halten müssen. Und dies aber nicht wollen. Obwohl’s doch eh nur heiß ist.
Wir finden uns schließlich am Ort des Übels ein, bewaffnet mit einer reißfesten Mülltüte, in die wir das Übel mithilfe einer ausgefeilten Bewegungsabfolge verpacken wollen. Tief einatmen, Luft anhalten, schnell Deckel auf, in den Sack schütten, Sack schnell zuknoten und dann schnell wieder zurück in die Tonne udn hoffen, daß die Mülltüte geruchsdicht ist.
Lange stehen wir vor der Tonne und starren sie an. Keiner will den Anfang machen. Als die Stimmung und die mittägliche Temperatur ihren Siedepunkt erreicht, ändern wir stillschweigend die Strategie. Unsere Mülltonne verschwindet ungeöffnet in dem großen Müllsack, den wir hermetisch versiegeln. Vorsichtshalber stellen wir den Sack schon heute an die Strasse, wir sind gerne auf der sicheren Seite.

Ma Baker

 

3 Gedanken zu „Ein Wort zum Sonntag, das die Welt vielleicht nicht braucht

  1. Pingback: Vielerarts Müll |

  2. Thema Fruchtfliegen (http://www.innovations-report.de/bilder_neu/39967_fruchtfliegen.jpg oder auch hier http://www.youtube.com/watch?v=Yug4Oe9UabQ).

    Die Dinger setzen sich gerne auch mal in Pflanzkübeln ab und kriechen daraus hervor, um sich über offene Speisen und Getränke her zu machen. Hierbei hilft es die befallenen Pflanzen von unten zu gießen – ein paar Tage und der Spuk sollte abklingen. Kleine mit lecker Fliegenbepp bestrichene Plastikkarten oder andere Fruchtfliegenfallen (s.a. http://www1.westfalia-versand.at/medien/scaled_pix/580/580/000/000/000/000/000/464/76.jpg) tragen Ihren Teil zur Verminderung der Fruchtfliegenpopulation bei.

    Viel Erfolg dabei – rein quantitativ sind wir Menschen den Dingern unterlegen!

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