Rampensau

Das Leben ist ja bekanntermaßen eines der absurdesten. Da verliebt man sich im Frühling Hals über Kopf in einen windigen Kommissar aus München (wir berichteten), der sich binnen weniger Wochen mehr oder weniger elegant in Luft auflöst (wir berichteten ebenfalls), verbringt einen Sommer, der an Geschwindigkeit und Madness wenig zu wünschen übrig lässt (keine Zeit zum Berichten), und schwupp, ist es Herbst, und man steht mit eben dem Frühlingskommissar auf ein und derselben Bühne und erntet unter verzweifelten Versuchen, den eigenen Adrenalinhaushalt unter Kontrolle zu bringen, gleichmäßig ein- und auszuatmen und möglichst nicht tot umzufallen, Applaus.

Aber der Reihe nach. Nach der Schlappe mit Leitmayer verbrachte die aktuelle ihre Zeit vor allem damit, ihr Krönchen zu richten und mit stolz erhobenem Haupte, perfekt lackierten Fußnägeln und schicken neuen Pantoletten weiterzureiten, was sich zwar nicht immer so ganz einfach gestaltete, jedoch größtenteils gelang. So galt es beispielsweise im Rahmen des Lingendinger Straßenfestes eine erste Begegnung mit besagtem Kommissar zu überstehen, ohne a) einem Tourette-Anfall zu erliegen, b) heulend nach Hause zu laufen oder c) beim Tanzen direkt vor seiner Nase über die eigenen Füße zu stolpern. Mit Erfolg.

Leben, du Sau

Eine willkommene Ablenkung bot da die Anfrage meines werten Herrn Nachbarn, ob ich nicht Lust hätte, ein paar nette kleine Textchen für eine nette kleine Kindermusikveranstaltung zu schreiben, die im Herbst am Lingendinger Staatstheater aufgeführt werden sollte. Warum nicht, sehr gerne, er komponierte, ich schrieb, alles fein.

Und dann ist er da, der große Tag, an dem meine Lieder das Licht der Bühnenwelt erblicken werden, wie schön, ich freue mich, und mit Röckchen, Stiefelchen, Kinderchen und Madame Mistral geht es los ins Theater, und am Schlagzeug sitzt, Überraschung, niemand anders als Katastrophenkommissar Leitmayer. Leben, ich liebe dich. Und weil ja absurder immer geht, ruft mich am Ende der Veranstaltung der Herr Nachbar ohne Vorwarnung zur Band auf die Bühne, um sich bei mir zu bedanken und mich irgendwas zu fragen, und klatschnass geschwitzt habe ich keine Ahnung, was ich rede, weil zwei Meter neben mir mein Frühlingsdesaster steht und vielleicht hundert Menschen oder mehr vor mir sitzen und ich mich vor Mikrofonen und Präsentiertellern fürchte, und ich überlege, wie ich aus dieser Nummer nur wieder herauskomme und denke, dass das doch alles gar nicht wahr sein kann und ich jetzt leider sterben muss – auf der Bühne, welche Ironie, Willy Millowitsch wäre blass vor Neid. Lieber Herr Nachbar, dafür ist mindestens eine Pizza fällig! Wenn nicht zwei.

5 Gedanken zu „Rampensau

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  2. Festschweißen ist immer gut. Habe übrigens gerade erfahren, dass der Saal ausverkauft und mit 400 (400!!!!) ZuschauerInnen besetzt war. OMG. Aber wenigstens waren sie friedlich und wohlerzogen, was man von den heutigen Studierenden wohl eher nicht behaupten kann.

  3. Liebe aktuelle
    Danke für die Inspiration mit dem Anschweißen. Werde das umgehend tun. Man kann ja in diesem absurden Leben nie wissen – denke jetzt weniger an Kommissare, sondern an wildgewordene Komilitonen oder schlechtgelaunte Verkehrsteilnehmer, die einen aus der Fassung bringen.

  4. Werte Kugel, nein, manchmal bleibt einem tatsächlich recht wenig erspart, und ja, Woody Allen kann einpacken. In jedem Film würde man bei derartigen Szenen mit empörtem Finger auf die Leinwand zeigen und schreien: VOLL übertrieben! In diesem Blog dagegen weiß man: VOLL wahr! Und auch ja: VOLL was verpasst, es war – in jeder Hinsicht – ein Ereignis ;).
    P.S.: Das Krönchen hatte ich sicherheitshalber angeschweißt, be prepared…

  5. sorry…aber ich mußte ebend schallend lachen!!! Liebe aktuelle, dir bleibt auch NICHTS erspart! Woody Allen ist ja wohl ´n Scheiß dagegen.
    Jetzt ärger ich mich noch mehr darüber, dass ich ´nen „rumlümmel-Sonntag“ verbracht hab, hätte ich doch ganz großes Kino haben können. Die Krone sitzt sicher noch 😉

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