Hausfrauenreport

Um meine persönliche Verfassung nach den letzten unerquicklichen Vorkommnissen zu stabilisieren, quartiere ich Hotti und Lotti zum Hotti-Lotti-Papa aus und lasse ein weiteres Mal den Klempner in Erscheinung treten, in der Hoffnung, er möge wenigstens meine tropfende Spüle fixen, wenn schon die Traditionsspülmaschine von Dr. Sprite nach Wasserschaden und Ölpest das Zeitliche gesegnet hat. Pünktlich um zehn Uhr klingelt es an der Haustür, Klempnerman betritt die Wohnung, seine erste Frage gilt dem längeren Gerät seines Nachfolgers: „Und? Was hatte der jetzt für eins?“ Ich antworte wahrheitsgemäß, dass ich das auch nicht so genau wisse, aber der Kollege habe dann den Rest erledigt. Um ihn nicht vollends zu deprimieren, schiebe ich hinterher, dass er ja schließlich die ganze Vorarbeit geleistet habe und es sei ja auch prima gewesen, dass da überhaupt jemand gekommen wäre, zwischen den Jahren und so. Er nickt traurig und sagt: „Das ist halt immer das, wenn man nicht mit dem gescheiten Gerät ausgestattet ist!“ Ich nicke verständnisvoll und biete ihm zum Trost einen Kaffee an, den er dankbar annimmt: „Ja, gerne, aber bitte einen ganz Kleinen, ganz Schnellen!“

Mit diesen Worten verschwindet er wieder unter meiner Spüle. In Erinnerung der letzten Flutkatastrophe biete ich ihm sofort einen Eimer zum Unterstellen an, er winkt ab: „Nö, alles einwandfrei!“ Ich lenke mich mit Kaffeekochen ab, unter dem Spülbecken ruft es: „Perfecto grande!“ Zu meiner Erleichterung möchte Klempnerman jetzt doch lieber einen Eimer unterstellen, und dann sind es letzten Endes nur die Dichtungen, die lediglich mal nachgezogen werden müssen, und für diesen Job ist er glücklicherweise auch mit dem richtigen Gerät ausgestattet. Wir sind beide erleichtert.

Zweite Chance für 2013

Bei unserem Kaffeequickie erzählt er mir von seinem Urlaub vor Weihnachten, in dem er mit dem Fahrrad 1500 Kilometer zurückgelegt habe, über den ganzen Teide auf Teneriffa, den höchsten Berg auf spanischem Staatsgebiet, sei er gefahren, und außerdem lerne er gerade Spanisch, weil er da auch durch persönliche Beziehungen einen Draht zu habe, und deswegen interessiere ihn Englisch überhaupt nicht. Dann nimmt er freundlicherweise noch meine derangierte Spülmaschine in seinen Schadensbericht auf und gibt mir damit bei der Hausbesitzergemeinschaft eine Chance auf Kulanzzuschuss. Wir wünschen uns ein gutes neues Jahr und dann verlässt mich Klempnerman, um andere Hausfrauen zu beglücken.

Ansonsten lässt mir die zuständige Sachbearbeiterin für die Faschingsferienbetreuung bei der Stadt Lingendingen das Anmeldeformular für zumindest eines meiner Kinder zukommen, Hotti ist leider zu alt für derlei Bespaßungen, aber immerhin: fünfzig Prozent verräumt, und alleine ohne Schwester streitet es sich auch schlecht den ganzen Tag. Wenn ich jetzt noch mit meiner neu gegründeten Tippgemeinschaft mit Frau Blocksberg den Jackpot knacke, würde ich dem neuen Jahr möglicherweise noch einmal eine Chance geben.

Latte Leben

Neulich habe ich in einem Artikel der TAZ folgendes gelesen: Wenn man in ein StarZack Cafe geht und dort 87.211 Sorten Kaffee zur Auswahl hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit, daß man wie immer ne Latte nimmt sehr viel höher, als wenn man nur 5 Sorten zur Auswahl hat. Ein Überangebot an Wahlmöglichkeiten scheint sich negativ auf die Bereitschaft, mal was Neues auszuprobieren, auszuwirken. Was ziemlich blöde ist, denn wenn ich mich vor 87.211 Sorten Kaffee derartig erschrecke, daß ich meine Latte wie immer zum Anlehnen brauche, um Überleben zu können, was zum Geier will ich dann mit 87.211 Sorten Kaffee? Das einzige, was die eine halbe Bibliothek füllende Karte bewirkt ist, daß ich dann mit meiner Latte wie immer dasitze und damit auch nicht zufrieden bin, weil ich ja die anderen 87.210 Varianten verpaßt habe. Und vielleicht ist da was viel Leckereres drunter. Am Ende bin ich ein langweiliger Mensch? Ein Spießer, der nur noch aus Dingen besteht, die schon immer so gewesen sind? Mein letzter Gedanke auf meinem Sterbebett wäre womöglich: Hätte ich doch einmal was anderes gesoffen als Latte! Man sieht, auch ein unschuldiger Abstecher in ein Cafe eignet sich bestens zum Auslösen einer Midlifecrisis. Zugegeben, Probleme bei der Auswahl des richtigen coffeinhaltigen Heißgetränks sind jetzt ein vergleichsweise kleines Desaster. Aber es liegt die Vermutung nahe, daß es uns mit größeren Vorhaben in unserem Leben nicht anders geht. Fragen nach beruflicher Weiterentwicklung steht ein sintflutartiger Möglichkeitsstudel gegenüber. Was soll ich nur machen, wenn ich doch sovieles könnte??! In Starre verfallen und ne Latte bestellen! Die Anzahl der Menschen, die von dieser chronischen Hirnerstarrung betroffen sind steigt täglich, weshalb wir der Meinung sind, daß dieses Phänomen einen eigenen Namen verdient. Wir nennen es das Freedom Overkill- kurz FOKS-Syndrom. Betroffen sind vor allem junge Erwachsene bis etwa 40 Jahre. Hauptsymptome sind mentale Bewegungslosigkeit und eine typische Unausgewogenheit der Gedankeninhalte. Man befaßt sich zu ca. 2% damit, was man tun könnte und zu etwa 98% damit, was man alles gerade verpaßt. Absurderweise herrscht darüber hinaus in unseren Köpfen immernoch das Denken vor, daß man von A nach B mit Hilfe einer Geraden zu kommen hat. Aber wie bitteschön kriegt man diese Vielfalt an Auswahl in eine Gerade? Das geht höchstens mit Latte, Latte, Latte! Oder doch nicht, weil man dann garnicht vorwärts kommt. Viel Auswahl und ein zügiges geradliniges Vorankommen scheinen nicht gut zusammen zu gehen. Und nachdem wir gegen Vielfalt eigentlich nichts haben empfehlen wir allen FOKS-Betroffenen, an ihrer Vorstellung von Zielstrebigkeit zu arbeiten. Zur Illustration haben wir unten 2 Skizzen  angeführt. Bitte betrachten Sie erst die eine und achten dabei auf die Gefühle, die in Ihnen dabei entstehen. Und dann wenden Sie sich der anderen zu und beobachten ebenfalls, was das Bild in Ihnen auslöst.

Bleiben Sie jetzt ganz bei sich und dem zweiten Gefühl, lassen Sie es richtig groß werden in Ihrem Inneren und trinken Sie von nun an soviel und solange Latte, wie Sie möchten. Sie verpassen nichts!

Ma Baker

Mein Kind ist geiler als dein Kind

Wer kennt das nicht: Stolze Supereltern von kleinen Genies, deren Namen man nicht aussprechen kann, die schon als Baby mit Milchschaum der elterlichen Latte Macchiato vollgestopft und buchstäblich von kleinst auf mit hyperpädagogischen Förderprogrammen überfordert werden (Stichwort pränatale Sinologie-Kurse), Supermamas und Spitzenpapas von Wunderkindern, die sich mit „Themen“ beschäftigen (Das ist gerade Thema beim Robert.), zweisprachig erzogen werden, obwohl beide Elternteile deutsch sind und die einfach so viel geiler sind als all die anderen Deppenkinder dieser Erde. Hier das Lied für alle Eltern, Nichteltern und alle, die es werden bzw. bleiben wollen: Mein Kind ist geiler als dein Kind.