Neulich habe ich in einem Artikel der TAZ folgendes gelesen: Wenn man in ein StarZack Cafe geht und dort 87.211 Sorten Kaffee zur Auswahl hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit, daß man wie immer ne Latte nimmt sehr viel höher, als wenn man nur 5 Sorten zur Auswahl hat. Ein Überangebot an Wahlmöglichkeiten scheint sich negativ auf die Bereitschaft, mal was Neues auszuprobieren, auszuwirken. Was ziemlich blöde ist, denn wenn ich mich vor 87.211 Sorten Kaffee derartig erschrecke, daß ich meine Latte wie immer zum Anlehnen brauche, um Überleben zu können, was zum Geier will ich dann mit 87.211 Sorten Kaffee? Das einzige, was die eine halbe Bibliothek füllende Karte bewirkt ist, daß ich dann mit meiner Latte wie immer dasitze und damit auch nicht zufrieden bin, weil ich ja die anderen 87.210 Varianten verpaßt habe. Und vielleicht ist da was viel Leckereres drunter. Am Ende bin ich ein langweiliger Mensch? Ein Spießer, der nur noch aus Dingen besteht, die schon immer so gewesen sind? Mein letzter Gedanke auf meinem Sterbebett wäre womöglich: Hätte ich doch einmal was anderes gesoffen als Latte! Man sieht, auch ein unschuldiger Abstecher in ein Cafe eignet sich bestens zum Auslösen einer Midlifecrisis. Zugegeben, Probleme bei der Auswahl des richtigen coffeinhaltigen Heißgetränks sind jetzt ein vergleichsweise kleines Desaster. Aber es liegt die Vermutung nahe, daß es uns mit größeren Vorhaben in unserem Leben nicht anders geht. Fragen nach beruflicher Weiterentwicklung steht ein sintflutartiger Möglichkeitsstudel gegenüber. Was soll ich nur machen, wenn ich doch sovieles könnte??! In Starre verfallen und ne Latte bestellen! Die Anzahl der Menschen, die von dieser chronischen Hirnerstarrung betroffen sind steigt täglich, weshalb wir der Meinung sind, daß dieses Phänomen einen eigenen Namen verdient. Wir nennen es das Freedom Overkill- kurz FOKS-Syndrom. Betroffen sind vor allem junge Erwachsene bis etwa 40 Jahre. Hauptsymptome sind mentale Bewegungslosigkeit und eine typische Unausgewogenheit der Gedankeninhalte. Man befaßt sich zu ca. 2% damit, was man tun könnte und zu etwa 98% damit, was man alles gerade verpaßt. Absurderweise herrscht darüber hinaus in unseren Köpfen immernoch das Denken vor, daß man von A nach B mit Hilfe einer Geraden zu kommen hat. Aber wie bitteschön kriegt man diese Vielfalt an Auswahl in eine Gerade? Das geht höchstens mit Latte, Latte, Latte! Oder doch nicht, weil man dann garnicht vorwärts kommt. Viel Auswahl und ein zügiges geradliniges Vorankommen scheinen nicht gut zusammen zu gehen. Und nachdem wir gegen Vielfalt eigentlich nichts haben empfehlen wir allen FOKS-Betroffenen, an ihrer Vorstellung von Zielstrebigkeit zu arbeiten. Zur Illustration haben wir unten 2 Skizzen angeführt. Bitte betrachten Sie erst die eine und achten dabei auf die Gefühle, die in Ihnen dabei entstehen. Und dann wenden Sie sich der anderen zu und beobachten ebenfalls, was das Bild in Ihnen auslöst.
Bleiben Sie jetzt ganz bei sich und dem zweiten Gefühl, lassen Sie es richtig groß werden in Ihrem Inneren und trinken Sie von nun an soviel und solange Latte, wie Sie möchten. Sie verpassen nichts!
Ma Baker