Halt ich’s aus?!

Hormonschwankungen kennt jeder von uns, in den Genuss des Prämenstruellen Syndroms (PMS) kommt allerdings nur die weibliche Hälfte der Weltbevölkerung, und auch von der nur eine Gruppe der Auserwählten. Mein Großer GU Kompass Homöopathie beschreibt einige der prickelndsten Symptome des PMS wie folgt:

Empfohlene Globoli: Sepia D12

„Sie würden am liebsten alles liegen lassen und abhauen; Abneigung gegen Beruf, Familie und Sex; Sie sind wütend, aggressiv und reizbar, aber auch sehr empfindlich, depressiv, weinerlich; schwach und müde; spannende Brüste, Akne, Kopfschmerzen und Sauberkeitsfimmel; Morgenübelkeit, Ekel vor Fett, aber Verlangen nach Saurem, Süßem oder Salzigem.“

Abgesehen von Kopfschmerzen, Morgenübelkeit und Ekel vor Fett kann ich persönlich in den drei Höllentagen vor den Tagen alles unterschreiben, würde die Aufzählung allerdings noch um zwei weitere Punkte ergänzen: 1. Wassereinlagerungen in sämtlichen nur denkbaren Problemzonenbereichen, 2. vorübergehende Hellsichtigkeit. Der Wunsch abzuhauen wird übermächtig, man ist froh und dankbar für jede gewaltfrei verbrachte Minute, möchte abwechselnd heulen und schlagen, man ist verpickelt, putzgeil und süchtig nach Nutella, Chips und Sherry. Mental ist man unterwegs in den Hades, physisch auf dem Weg zur Wassertonne. Nach drei Tagen hormoneller Talfahrt würde man für den sofortigen Eintritt in die Menopause jedem dahergelaufenen Scharlatan auf der Stelle seine Seele, seine Kinder und seine Großmutter verkaufen.

Die TOP FIVE meiner PMS-Shitlist

Auf die oben aufgeführte vorübergehende Hellsichtigkeit wurde ich aufmerksam durch einen buchstäblich sehr erhellenden Artikel („Drei Tage Klarsicht“) in meiner erklärten Lieblingszeitung Brigitte (ich habe nichts mehr zu verlieren). Darin beschrieb die Autorin, wie sie die Tod-und-Teufel-Zeit als Indikator nutzte für die Dinge, die ihr zwar unerträglich waren, die sie sonst jedoch erfolgreich verdrängte, und die ihr jetzt plötzlich mikroskopisch 1000fach vergrößert erschienen: Auseinandersetzungen mit der pubertierenden Tochter, Ärger mit dem Chef etc. Mit anderen Worten: Man hat vorübergehend einen glasklaren und unbestechlichen Blick dafür, was man wirklich nicht mehr aushält und womit man wirklich nicht mehr leben möchte. Die Konsequenz: Man merkt sich diese Dinge für die Zeit danach, in der man wieder in der Lage ist, Unerträgliches nicht mit der Axt, sondern mit Diplomatie und Verstand zu lösen.

Hier in Wunderbra nun exklusiv die Liste meiner bisherigen PMS-TOP 5:

1. Kindergetrödel im Badezimmer
2. Kindergesaue beim Essen
3. Kleiderdiskussionen mit Kindern
4. mein Ex
5. der Kapitalismus

Die Gliederung ist nicht hierarchisch.

Anarcho-Platanen belästigen Anwohner und Autos

Aus aktuellem Anlass muss ich meine persönliche Shitlist leider um einen Punkt erweitern. Vor meinem Haus am schönen Sternplatz wurden just fünf von elf Platanen gefällt mit der Begründung, dass sie sich nicht an die vorgeschriebenen EU-Baumrichtlinien gehalten haben. Nein, das habe nicht ich mir in einem meiner ständigen Anfälle von Albernheit ausgedacht, sondern die Stadtverwaltung Lingendingen, und es ist ihr voller Ernst, so Ernst, dass die Bäume weg mussten: Selbst schuld, wer sich nicht an die Regeln hält, muss gehen. Ausgelöst hat diesen Schwachsinn ein Beschwerdeschreiben von Anwohnern, die sich bitter über die Vermüllung ihrer Regenrinnen durch die Anarcho-Platanen beklagt hatten, woraufhin die Stadt nicht nur aufhorchte, sondern auch gleich die Baumverordnungsrichtlinien auspackte, nachmaß und befand, dass die Bäume weder den ihnen vorgeschriebenen Abstand zu den umliegenden Häusern ein- noch sich von der Straße fernhielten, wo sie Busse und LKW behelligten. Ebenfalls echt nicht zum Aushalten: Verwaltungsirrsinn.

Oma-Saufen

Sherry, Schätzchen?

Nein, uns sind nicht etwa die Themen ausgegangen, im Gegenteil, die Dinge überschlagen sich dermaßen, dass wir als erklärte Entschleunigungs-Omas mit der Dokumentation einfach nicht mehr hinterher kommen. Zeit also zum Innehalten, Zusammenfassen, Updaten, Neudurchstarten und Oma-Saufen, die Zeiten des Koma-Saufens liegen ja, Göttinseidank, schon länger hinter uns.

Was also ist passiert? Während Ma Baker sich auf der Suche nach beruflicher Weiterentwicklung in den unendlichen Weiten der wunderbaren Online-Ausbildungsgalaxien buchstäblich die Lichter ausgeschossen hat, hat sich die aktuelle das Herz gebrochen und einen schicken Zweitwagen erworben (Fünftürer, Baujahr 2010, 2,5 Liter, rosa.) (Der war gut, was?). Nebenbei haben wir Kinder in den Schlaf gewiegt und ihnen den Hintern abgewischt, das Haus geputzt, Wäsche ohne Pulver gewaschen, Geschenke für Kindergeburtstage organisiert, Essen gejagt und verkocht, den Zoo heimgesucht, den Frühling und Blind Dates genossen, die Winterbeine rasiert, den Baumarkt erschlossen und Hormonschwankungen überstanden. Darüber hinaus sind wir selbstverständlich als stolze Leistungsträgerinnen dieser unserer super- bis spätkapitalistischen Gesellschaft einer geregelten Arbeit nachgegangen, wir wollen ja niemandem auf der Tasche liegen.

Gestern mussten wir dann noch ein bisschen neben uns stehen, bei einem gepflegten Gläschen Sherry, zwei ungepflegten Tüten Chips, einer klebrigen Tafel Schokolade und einem XXL-Beutel M&Ms wieder zu uns kommen, um dabei mental in Welten vorzustoßen, die nie zuvor ein Mensch gesehen hat. Das tolle am Oma-Saufen ist ja, dass man nach drei Likörgläschen so drauf ist wie früher nach fünf Halben. Man muss auch nicht mehr bis morgens um acht durchhalten, um mit einem schicken Konterbier das Frühstück einzuleiten, nein, man darf schon um 22 Uhr 30 sagen: „Du – ich glaub, ich muss ins Bett!“ Ist das nicht großartig? Das spart Zeit, Geld und Leberzellen. Segen des Alters! Darauf einen Sherry.

die aktuelle

My bloody Valentine

Ist ja schön, wenn die Leute verliebt sind. Aber muss man denen gleich einen ganzen Tag widmen? Die haben doch sowieso schon den Mai. Und müssen die dann damit hausieren gehen und den ganzen Tag mit Rosen und Geschenkchen durch die Straßen latschen? Haben die kein Zuhause? Und haben die schon mal darüber nachgedacht, dass sie anderen Leuten damit vielleicht tierisch auf die Nerven gehen? Ist ja schon schlimm genug, dass man momentan nicht mal mehr zum Bäcker gehen kann, ohne von lustigen Clowns, wilden Katzen oder heißen Hexen bedient zu werden, das Nudelregal hat man mittlerweile auch den ewig Knutschenden überlassen – ich bin auf Reis umgestiegen – , jetzt wird man beim Brötchenkaufen auch noch von Torten in Herzform heimgesucht, verziert mit Marzipanherzchen und einem großen Schriftzug LOVE. Ist ja gut. Hysteriker. Diese Kombination aus Fasching UND Valentinstag, Narren UND Verliebte überall, das ist irgendwie zu viel. Entweder oder. Nächstes Jahr bitte zwei Wochen Abstand oder ich wandere aus. Happy Valentine.

die aktuelle

Bitte helfen Sie mir, ich bin frei!

Wie ist das so mit den vielen tausend Möglichkeiten, die einem das Leben bietet?

Bild: Alles Schlumpf, Lizenz:CC

Sind sie Segen oder Fluch? Bereicherung oder Verderben? Hat irgendwer das schon rausgefunden?
Über dreißig, beschenkt mit einem Angestelltenverhältnis, das ich so schnell wie möglich loswerden möchte, und an der Schwelle zu einer sich langsam entwickelnden Selbstständigkeit bleibt ein großer Raum offen für die große Frage: Was will ich denn noch so machen in meinem Leben?
Kräuterhexe, Hausfrau und Mutter, soll ich nochmal studieren oder doch Rockstar werden? Und ich stelle fest, diese Frage hat über die Jahre nichts von ihrem Schrecken verloren. Man fühlt sich wie mit 18, als man genauso ratlos vor der ungeheuren Vielfalt an Möglichkeiten stand. Und schon damals hatte diese Vielfalt nichts von einer sanften zukunftsweisenden Brise, sondern benahm sich eher wie ein Abgrund, der sich vor dem Unentschlossenen auftut. Ein Blick ins Internet (man kann sich ja mal informieren) genügt und die Informationsflut hat mich samt meiner Idee bis in die nächste Inkarnation begraben. Und sobald sich der Hauch einer Richtung abzeichnet, in die es einen vielleicht ziehen könnte, schwappt schon die nächste Flutwelle über den gerade mühsam errichteten Tellerrand, bevor man „ichtätvielleicht“ zuende gedacht hat. Da fliegen sie einem plötzlich alle um die Ohren, die ganzen Dinge, die man dann nicht machen kann, sobald man sich für eine Möglichkeit entschieden hat. Also schnell wieder zurückrudern und erstmal die nächsten 20 Jahre stillhalten, wer weiß, was da auf einen zukommt. Man kann diese Zeit ja wunderbar nutzen, um über all die Dinge nachzudenken, die man eigentlich schon die letzten 20 Jahre hätte tun können. Und sich darüber schwarz ärgern, dass man sie nicht getan hat. Dann ist es schließlich auch nur konsequent, jetzt auch nicht plötzlich so viel Wind zu machen. Herzlich willkommen auf der Seite der ewig Gelähmten.
Grenzen ist heute, mitten in meinem Kopf. Das Gehirn schwurbelt eine Idee nach der anderen zu einem Brei, der sich im Denken schwer und zäh anfühlt, und im Magen in etwa so, als hätte man eine Tüte Hummeln gefrühstückt. Und was soll dabei rauskommen, wenn’s oben klemmt und unten hummelt?
Keiner weiß es.
Steht uns wirklich alles offen? All die Möglichkeiten, die unsere Eltern nicht hatten? Ich hoffe nicht. Soviel Freiheit, das würden wir ja im Kopf nicht aushalten. Wir würden’s in jedem Fall irgendwo vergeigen. Und wären danach womöglich Verfechterinnen des Kastenwesens ( erleichtert die Berufswahl ungemein) und der arrangierten Ehe ( spart die ewige Frage, ob’s denn auch der Richtige ist). Was man dann allerdings mit all der eingesparten Zeit, in der man nicht mehr nachdenken muß, was man will, anfangen soll, das ist eine andere Frage.
Winken wir also der goldenen Mitte kurz zu, während wir sie mal wieder verpassen und mit einem Fuß auf dem Gaspedal und mit dem anderen auf der Bremse dem Horizont entgegenöddeln.

360 Joule für mehr Gemütlichkeit

Nachdem die ersten sechs Wochen des neuen Jahres ins Land gerast sind ist es amtlich: Diese Welt ist IMMERNOCH zu schnell.

Bild: Lipjin, Lizenz:CC

Agent Panty hat in diesen sechs Wochen zusammen mit ihren Kolleginnen bereits über 300 Überstunden angehäuft, Tendenz steigend. Verabredungen mit Freundinnen funktionieren ja schon lange nicht mehr ohne Kalender, aber was tun wir, wenn wir trotz Kalender in den nächsten vier Wochen keinen Termin für ein Date finden? Oder wenn der Agent und ich in der Schlange vor der Supermarktkasse stehen, dem hektischen bipbipbip des Scanners lauschen (nichtmal mehr für das „e“ im biep ist noch Zeit) und sich uns dabei unweigerlich das Bild eines immer schneller rasenden Herzens aufdrängt? Emergency room sagt uns die Diagnose: Ventrikuläre Tachykardie, übergehend in Kammerflimmern! Ein vor lauter Hektik flimmerndes Herz bringt keine ausreichende Auswurfleistung mehr. Und das ist kein unwesentlicher Kostenpunkt in irgendeiner Schreibtischschublade. Das ist ein lebensbedrohlicher Zustand. Und die Therapie? Die Serienguckerinnen wissen’s. Defibrillator laden, alle weg vom Tisch und drauf. Satte 360 Joule unterbrechen das Gerenne und schocken ein Herz wieder in einen mit dem Leben zu vereinbarenden Rhythmus.
Wo soll das nur hinführen? Turbokapitalismus in Voll- oder Teilzeit und ansonsten Autistin, weil zu nix mehr fähig und nur noch Ruhehabenwill? Dabei hätte ich ein qualitativ hochwertiges Phlegma, welches ich auch gerne in unsere Gesellschaft einbringen möchte. Neben der dringend nötigen Entschleunigung, weil so ein Phlegma ist ja von Natur aus sehr langsam, bringt es Qualitäten wie Bedächtigkeit, Gründlichkeit, Ruhe und Achtsamkeit mit sich, was doch durchaus nette und sinnvolle Eigenschaften sind.
Wieso sagt mein Chef nicht zu mir: O, Du denkst grade über wichtige, das Leben ansich und die Menschen betreffende Dinge nach? Dann geh doch heute früher und sinniere weiter bei einer gemütlichen Tasse Tee. Und vielleicht möchtest Du mich morgen an Deinen Erkenntnissen teilhaben lassen!
Wieso HöherSchnellerWeiter, wenn langsamhierunten auch sehr schön ist?

Bild: Bob.Fornal, Lizenz:CC

Die Welt braucht die Bedächtigen, die Wohlüberlegten, die Zartbesaiteten, die Künstler und vor allem die Gemütlichen. Es ist eine himmelschreiende Unverschämtheit, daß man sich als Angehöriger dieser Gruppe in so vielen Bereichen wie ein insuffizienter Alien fühlen muß, der irgendwas Wesentliches einfach nicht mitgeschnitten hat.
Der Agent und ich fordern also:
DIE MACHT DEN LANGSAMEN – UND FÜR DEN REST EINEN DEFIBRILLATOR!

 

Ma Baker

Bitte Socken mitbringen!

Nach einer nicht unanstrengenden Woche – massive Hirnverspulung, mittelschwere Herzgrippe (ich denke, ich komme durch), streikende Erzieherinnen in zwei Kinderbetreuungseinrichtungen (gebt ihnen doch bitte einfach ganz viel Geld!!!), kaputtes Auto, Fremdkinderbesuch mit Granateneinschlagseffekten im Kinderzimmer, Elterngespräch in der Schule – ist das Letzte, das ich am Samstag gebrauchen kann, ein Rhetorikkurs an der Volkshochschule, zu dem ich mich im letzten Herbst in einem Anfall von Bildungswahn angemeldet habe. Der Anfall muss sehr heftig gewesen sein, ich habe es nämlich geschafft, auch noch Frau Dr. Sprite mitzureißen und zur Mitteilnahme zu nötigen. Chancen und Risiken einer ausgeprägten Begeisterungsfähigkeit, gebt mir eine Idee, und ich verkaufe sie.

Der Weiterbildungsteufel

Wie gesagt, das war letzten Herbst, aber heute morgen ist heute morgen. „Jetzt rede ich – auch mit Lampenfieber!“ und zwar von 10 bis 17 Uhr, ich muss irre gewesen sein. Zum sechsten Mal in dieser Woche zwinge ich Hotti und Lotti ihr Frühstück gefälligst SCHNELL in sich hineinzustopfen, jage sie durchs Bad (LOS! MACH!! ZACKIG!!!) und liefere sie bei den jeweiligen Babysittern ab (Tschüssmeinschatzichhabdichlieb). Natürlich komme ich zu spät, Sprite sitzt sicher schon entspannt im Seminarraum und fragt sich, wo ich bleibe, hektisch schließe ich mein Fahrrad ab und als ich mich gerade zum hundertdreiundfünfzigsten Mal an diesem Morgen frage, welcher Teufel mich da bloß geritten hat, biegt Sprite um die Ecke, gehetzt, genervt und übellaunig, mit der Bäckertüte in der Hand, und fragt mich ebenfalls, welcher Teufel uns da eigentlich geritten hat. Bevor wir hineingehen, ringe ich ihr das Versprechen ab, mich bei der nächsten manischen Weiterbildungseuphorie BITTE aufzuhalten.

Vielleicht doch noch den Folgekurs dranhängen -?

Als Einstieg sollen wir einen Spontanvortrag vor der Gruppe halten. Auf Sprites Nase bilden sich Schweißperlen, ihre Knie zittern, mein Herz rast, unsere Hände werden klatschnass, der Impuls, auf der Stelle den Raum zu verlassen, wird übermächtig. Es hilft nichts, wir müssen da durch bzw. nach vorne. Wie durch ein Wunder überleben wir und dürfen in die Mittagspause. Für die zweite Einheit brauchen wir Socken (Bitte mitbringen!), habe ich natürlich vergessen, Sprite hat welche eingepackt, aber in die falsche Tasche. Nach anfänglichen Zweifeln und einer Stunde Körperhaltungs-, Stimm- und Luftballonspielchen packt es uns. Den nächsten Kurzvortrag mit argumentativer Drei-Schritt-Methode schaffen wir fast mit links und ohne Zittern, ich möchte mich auch nur noch hinter dem Projektor verstecken und nicht mehr gleich gehen. Wir werden euphorisch – wir, die neuen Rhetorik-Queens, wir werden sie alle mit dem klassischen Dreischritt in die Tasche stecken, notfalls auch mit Fünferschritten nachrüsten! HA! Die Moderation bei meinem Porno-Workshop (es ist nicht so wie es klingt) nächste Woche? Kinderspiel! Vielleicht doch noch für den Folgekurs anmelden?? Abschließend überzeugen Sprite und ich uns gegenseitig mit dem klassischen Dreischritt davon, dass wir das auf keinen Fall tun sollten und verabschieden uns glücklich ins wohlverdiente Wochenende.

Knutschen oder Klatschen?

Ist eigentlich schon einmal jemandem aufgefallen, dass es vom Froschkönig-Märchen zwei verschiedene Fassungen gibt? Bei Variante a) wird der Frosch geküsst (und verwandelt sich in einen Prinzen), bei Variante b) wird er an die Wand geklatscht (und verwandelt sich in einen Prinzen). So, und welche ist denn jetzt bitte die offiziell autorisierte Fassung? Oder darf man sich, je nach Prinzessinnengemüt, eine aussuchen? Knutschen für die hoffnungslosen Romantikerinnen, Andiewandklatschen für die knallharten Realistinnen? Ich werde das recherchieren. Vorschläge gerne in die dafür vorgesehenen Kommentarfelder.

die aktuelle

Herzgrippe I

Verliebtsein ist ja nicht zwangsläufig lustig. Mit hormonellen Höhenflügen, mentalen Grenzerfahrungen, dramatischen Fehleinschätzungen, einer erhöhten Risikobereitschaft und entsprechenden emotionalen Bruchlandungen erfüllt Verliebtsein, wie übrigens auch das Leben als solches, im Prinzip sämtliche Kriterien sehr gefährlicher Extremsportarten. Die offizielle Definition von Extremsportart in der Wikipedia lautet folgendermaßen:

„Unter Extremsport versteht man das Herangehen an sportliche Grenzen. Extremsport bedeutet für den Sportler eine besondere technische oder logistische und körperlich-psychische Herausforderung und ist oft mit hohem Risiko verbunden. Extremsport wird einzeln oder in kleinen Gruppen, manchmal fernab der Öffentlichkeit, manchmal mit großer Medienpräsenz durchgeführt und ist in einigen Formen auch illegal. Die Ausschüttung von Endorphinen kann Glücksempfindungen hervorrufen, aber auch zu Missachtung von Warnsignalen führen, die Unfälle verursachen können.“

Auch beim Verliebtsein überschreitet man Grenzen, es kickt, man macht es alleine, zu zweit, in Gruppen oder vor Publikum, manchmal ist es verboten, immer riskant, und bisweilen handelt man sich nicht unerhebliche Blessuren ein, vom Highsein über blaue Flecken bis hin zum Genickbruch ist alles drin. Eine körperlich-psychische Herausforderung ist es allemal. Nichts für schwache Nerven.

Saufen, Heulen, Zähneklappern

Als gemeiner Single wirft man knutschenden Pärchen im Supermarktnudelregal gerne böse Blicke zu, wünscht knutschenden Pärchen auf karierten wetterfesten Wolldecken im Park die Pest an die Hälse und ist versucht, knutschenden Pärchen auf Rolltreppen einen dezenten Tritt zu verpassen. Bis es einen selbst erwischt und man den lieben langen Tag in Nudelregalen, auf Karodecken oder Rolltreppen herumknutschen möchte. Im selben Moment verabschiedet sich das Gehirn quasi mit den Worten Ichbindannmalweg und taucht mit etwas Glück möglicherweise zwei Jahre später oder im nächsten Leben wieder auf. Statt dessen: Schmetterlinge, Moskitos, Hornissen, Flugzeuge, Achterbahn, Geisterbahn, Feuerwerk, Explosionen, kognitive Ausfälle, kommunikative Aussetzer, Fettnäpfchen, Kontrollverlust, die totale Verblödung. Schlafen und Essen werden zur Nebensache, man redet wirres Zeug, und zwar derart besessen, pausenlos und penetrant, bis selbst die letzte beste Freundin nicht mehr ans Telefon geht.

Man ist krank: Schweißausbrüche, Panikattacken, Herzrasen, Schüttelfrost, Schläge in die Magengrube mit der Rückstoßkraft einer Panzerfaust, Kreislaufschwäche, Kopfschmerzen, 50° Fieber, Augenringe, bei denen selbst der beste Abdeckstift versagt. Herzgrippe. Man ist benommen, zerschlagen, gerädert, geliefert, fertig, erledigt, müde, matt, das war’s. Man möchte einen meterlangen Schal um sein Herz wickeln, ein Fieberthermometer hineinstecken, sich einen Socken über den Kopf ziehen, unter der Bettdecke verschwinden und der Außenwelt, wenn möglich, nie wieder gegenübertreten. Man möchte mindestens Medikamente nehmen. Saufen, Heulen, Zähneklappern.

Vielleicht doch eher Golfen?

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