Dank Klimawandel ist es Ende März schon warm wie früher nur zu Pfingsten, und im Radio geben die Moderatoren bereits Tipps zur Höhe des Lichtschutzfaktors durch. Das ist toll, weil ich so mittlerweile verlässlich meinen Geburtstag bei strahlendem Sonnenschein zelebrieren kann, ohne Sonnenbrand zu bekommen, und das, obwohl ich ursprünglich und irgendwie auch passenderweise mitten in einem Schneesturm das Licht dieser seltsamen Welt erblickte.
Die Welt ist groß und Rettung lauert überall
Auch ansonsten wird es, abgesehen von der Zeitumstellung, die mir morgens um halb sieben die Tränen in die Augen treibt, ein recht schöner Tag. Hotti und Lotti stehen auf, ohne dass ich sie aus dem Bett sprengen muss, und als ich nach 15 Minuten Totenstille mal einen beunruhigten Blick ins Bad werfe, stehen da Hand in Hand zwei ordentlich angezogene, hübsch aufgereihte Mädchen in Kleidchen, die sich nicht wie sonst prügeln, kneifen und die Haare ausreißen, sondern wie aus der Pistole geschossen ein Happy Birthday schmettern, das sich gewaschen hat. Zum Frühstück gibt es selbstgekauften Schokokuchen und Geschenke: Von Hotti bekomme ich erst mal gar nichts, von Lotti eine angemalte Pappschachtel, von Fanta kiloweise tolle Musik und vom Herrn Nachbar, der mir für den heutigen Grillausflug freundlicherweise seinen Bollerwagen zur Verfügung gestellt hat, einen Film mit dem vielversprechenden Titel: „Die Welt ist groß und Rettung lauert überall“. Den ersten Teil unterschreibe ich sofort, was die allgegenwärtigen Rettungskräfte im Dauereinsatz betrifft, bin ich noch nicht ganz so sicher.
Meine Lieblingsredaktion ruft an, um mir zu gratulieren, und ich erzähle dreimal nacheinander, wie toll freie Tage sind, und dass wir alle eigentlich überhaupt nicht arbeiten, sondern viel mehr Blumen säen und andere nette Dinge tun sollten. Dr. Sprite, Mr. Matrix und Madame Elle lachen artig und machen sich dann auf den Weg zur nächsten Sitzung.
Bügelperlenmama
Nachmittags fliegen Frau Blocksberg und ich mit den Kindern zum Grillen auf den Brocken, und auch dort ist alles fein. Abgesehen davon, dass Frau Blocksberg sich einen Splitter in den Hexenfinger rammt und ein Würstchen nach dem anderen ins Feuer fällt, ereignen sich keine nennenswerten Katastrophen. Niemand sticht sich mit dem Taschenmesser die Augen aus, niemand schlägt sich Platzwunden an den Hinkelsteinen, die rund um die Grillstelle stehen, und keiner verbrennt. Hotti findet ein Stück Holz mit schönen Holzwurmmaserungen, das sie mir schenkt, und Frau Blocksberg einen tollen großen Stein mit Loch, den ich mir um den Hals hängen kann, sollte ich mal wieder Gefahr laufen, abzuheben.
Von Hotti bekomme ich abends noch ein Bügelperlenbild mit dem Schriftzug „Mama“, wahrscheinlich denkt sie, dass ich ohnehin nicht mehr die Jüngste bin und dringend eine Erinnerungshilfe brauche, damit ich auf keinen Fall vergesse, wer ich bin und welchen Verpflichtungen ich nachzukommen habe. Abends kommt Giannini vorbei, die ich seit dem legendären Urlaub an der Côte d’Azur im letzten Sommer nicht mehr gesehen habe, und wir kommen zu dem Ergebnis, dass 2012 nicht nur hellblau, frisch und klar ist, sondern auch alles gut wird, dieses Jahr bestimmt!
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