Ich, wir beide und Schaf

Schaf mit Freund

Eines meiner Lieblingsstilmittel ist der Animismus – seelenlosen Alltagsgegenständen Leben einhauchen, sie denken, fühlen und sprechen lassen. Während der letzten drei Jahre wurde ich Zeugin eines spontanen Animismus, der sich auf sehr eigenwillige Weise in meinem direkten Umfeld ereignet hat. Eigenwillig deshalb, weil den zu animisierenden Gegenständen normalerweise ihr Leben von irgend jemandem ( normalerweise der Autorin ) eingehaucht wird, während in unserem Fall eher sowas wie eine Eigenbelebung stattgefunden hat.
Es begann alles in einem Tübinger Drogeriemarkt, in den ich mich vor einigen Jahren völlig verkatert und mit Regelschmerzen verirrt hatte. Da stand ich dann desorientiert rum zwischen Mönchspfeffer und Kondomen, bis mein Blick auf einen Ständer fiel, an dem puschelige Wärmflaschen in Schafform hingen. Mein regelschmerzender Bauch las nur das Schildchen, auf dem “ Wärme zum Wohlfühlen“ stand und schon lag eines dieser wonnespendenden Tierchen in meinem Einkaufskorb. Die ersten paar Tage war alles normal, ich füllte dem Schaf heißes Wasser in seinen dafür vorgesehenen Bauch und es tat, wozu es erschaffen worden war. Es verbreitete Wärme zum Wohlfühlen. Doch schon nach kurzer Zeit bemerkte ich beim Einschlafen eine gewisse Unruhe in meinem Bett. Irgendwie schien der Wonnespender nicht mehr ruhig auf meinem Bauch liegen zu bleiben. Es ging immer hin und her, knautsch und rangel und deckezupf. Immer wenn ich das Licht anmachte lag Schaf völlig wärmflaschenkonform da. Doch sobald ich wieder am Einschlafen war ging es von vorne los. Nach einer unruhigen Nacht wachte ich am nächsten Morgen auf und fand Schaf neben mir, wie es sich, einen Großteil der Decke ansich raffend, auch auf das Kopfkissen quetschte. Damit war eine neue Ordnung hergestellt, eine Augenhöhe, die sich trotz mehrfacher Versuche meinerseits nicht mehr rückgängig machen ließ. Schaf dachte nicht daran, sich wieder seiner Bestimmung zu widmen. Ich mußte mein Kopfkissen von nun an teilen. Als der Winter hereinbrach und das Bett abends erst angewärmt werden mußte stellte sich heraus, daß mittlerweile meine Beschützinstinkte geweckt waren, was bedeutete, daß ich Schaf wärmte, damit es nicht fror, anstatt umgekehrt. Und nach und nach entwickelte Schaf ein großes Interesse an bestimmten Bereichen des menschlichen Lebens. Es liebt Schokolade und Kekse jeder Art, ist ein großer Krimifan und schaut überhaupt sehr gerne fern, am liebsten zwischen meinem Liebsten und mir liegend. Dabei kommt es schon auch mal vor, daß die männlichen Beschützinstinkte dazu führen, daß mein Liebster der Wärmflasche die Augen zuhält, wenn es unheimlich wird. Damit Schaf nachher keine Albträume hat, wie er zu sagen pflegt.
Die einzigen Momente, in denen Schaf sich noch benimmt wie eine Wärmflasche sind die, in denen solche Fragen auftauchen wie “ Wer fährt jetzt schnell in der Eisekälte zum Aldi und kauft Rahmmandelschokolade“ oder „Jemand müßte noch das Altpapier rausbringen, das Klo putzen, Holz holen, den Kompost entsorgen…!“
Aber man kriegt ja soviel zurück!

Ma Baker

So jung und schon so versaut

Es ist ja nicht nur so, dass wir die total bescheuerte Rampensaufrau unseres geltriefenden Verteidigungsministers Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester (!) zu ertragen hätten, die momentan keine Gelegenheit auslässt, sich mit Kinderpornografie in den Mittelpunkt zu drängeln (don’t feed the trolls). Nein, wir werden auch noch von einer Twitterministerin für Familie, Senioren, Frauen, Jugend und Inkompetenz Dr. Kristina Dumpfbacke Schröder regiert, deren Blödheit ihresgleichen sucht und unter anderem mit Auftritten glänzt wie diesem:

 

Stephie und Krisi haben viel gemeinsam
 

Barbie zu Guttenberg. Bild: tafkas, Lizenz: cc

Stephie und Krisi haben viel gemeinsam: Beide sind jung, dynamisch, erfolgsorientiert, ätzend, sehen aus wie Barbies Schwestern und stehen auf der falschen Seite. Beide geben sich einen pseudojugendlichen Anstrich, obwohl sie innerlich die 150 längst überschritten haben, und beide hätte ich zu Schulzeiten von der Raucherecke aus stumm gehasst. Egal, die eine ist genug gestraft mit dem Ehemann mit den vielen Vornamen, die andere mit ihrem Parteibuch. Beides gibt vermutlich nicht zu wenig Karmapunkteabzug. Das einzig Gute an ihnen: Sie sind weit weg.

Krisi Barbie. (Bild: Kristina Schröder)

Gar nicht weit weg sind leider die beiden jungen Studentinnen, die Stephie und Krisi erschreckend ähneln und welche die Zelte ihrer Wohngemeinschaft unter meiner Wohnung aufgeschlagen haben. Die beiden gehen mir nicht nur regelmäßig auf die Nerven, weil sie Anfang zwanzig sind und mich siezen, sondern auch, weil sie sich über Hottis und Lottis Fahrräder im Treppenhaus mokieren als wären sie meine eigene böse Vermieterinnenhexe, mir mit einer Selbstverständlichkeit, die keinen Widerspruch duldet, Filzaufkleber für meine Wohnzimmerstühle verordnen (ich habe Teppichboden) und drei freundliche Frühstückseinladungen zum Zwecke der Hausgemeinschaftsoptimierung meinerseits angewidert ausgeschlagen haben. Außerdem sei ich ihnen zu laut, also manchmal, also nachts, und das sei ihnen peinlich. Das Schlimmste an diesen Barbie Sisters aber ist, dass einen nach jeder Begegnung mit ihnen das Gefühl beschleicht, eine alte, vergammelte, ranzige, minderwertige, minderbemittelte, schlampige Asseltante zu sein, die sozialschmarotzt, ihr Leben nicht auf die Reihe bekommt und ihre Existenzberechtigung lediglich aus der Barmherzigkeit und Gnade der Leistungsträger unserer Gesellschaft bezieht. Wie schaffen die das nur?

Fragt sich
die aktuelle

Gewidmet: Dear old Dr. Dirty Sprite

Der Unk und der Shaman

Ich weiß seit einer Weile schon, daß ich neben vielen anderen über eine äußerst vielschichtige Teilpersönlichkeit verfüge. Ich spreche von dem Teil, der immer mit hundertprozentiger Sicherheit das Schlimmste ( also ich meine wirklich DAS Schlimmste ) erwartet und kommen sieht. Der Teil, der friedlich in irgendeiner Bauchfalte schlummert und nur auf den Moment wartet, in dem man sich an irgendetwas Neues rantraut und was riskieren muß. Dann springt er aus seinem hinterhältigen Versteck und bläst sich und das ganze Szenario in Sekundenschnelle zu einem riesigen drohenden Desaster auf, bevor man “ Ich könnte ja vielleicht…“ zuende gedacht hat. Kommt irgendjemand das bekannt vor? Nun, nachdem man diese wilden Teilpersönlichkeitsgesellen nicht einfach los wird, indem man ihnen ihre Existenz ableugnet oder sich die Augen zuhält, bleibt nur eines: If you can’t beat them, join them! Man muß sich mit ihnen zusammentun, sie akzeptieren, erst dann gelingt es einem vielleicht, sie hin und wieder in ihre Schranken zu verweisen. Als Zeichen meines guten Willens habe ich meinem Berufspessimisten einen Namen gegeben. Ich nenne ihn liebevoll den Unk!

Bild: gonc._a, Lizenz:CC

Im Zuge meiner persönlichen und therapeutischen Weiterbildung habe ich mich nach längeren Umwegen durch verschiedene Hirnwindungen dazu entschlossen, an einem Seminar in der Schweiz teilzunehmnen, wo es um körperorientierte Heiltechniken geht, die aus einem schamanischen Hintergrund kommen. Der Unk hat genau die erste Silbe des Wortes schamanisch gebraucht, um aus seiner Bauchfalte zu hüpfen und mich mit Bildern von wallenden Gewändern, Seidenschals, Federn im Haar, ernsthaften Sprüngen in der Kosmosschüssel, Mantras mit klemmender Repeatfunktion und Armeen von Esofloskeln ( Na, du bist auch ganz schön im Prozeß, gell?) zuzuschütten. Der Unk meint, die wollen alle nur in meinen Herzensraum und dann Spirificken. Mit viel Geduld konnte ich ihn davon überzeugen, daß man sicher einfach mal schauen darf und einen niemand mit Gewalt zwingen wird, zu bleiben, wenn man doch nur seine Sachen packen und bei Nacht und Nebel türmen möchte. Woher er die Idee hat, daß Schamanen die ganze Zeit und immer wild durcheinander vögeln wollen, konnte er mir bisher auch nicht schlüssig erklären.
Wir haben uns also nach längeren Diskussionen angemeldet. Morgen geht’s los.
So ein Unk kostet manchmal ganz schön viel Kraft und Durchhaltevermögen. Andererseits hat er mich heute im Supermarkt daran erinnert, daß man auf keinen Fall zu vertrauensselig zu so einer Veranstaltung fahren darf. Am Ende ist das Haus irgendwo in der Wildnis. Genau, Schamanen wohnen doch nicht in der Stadt! Und schon garnicht neben einem Zigarettenautomat. Ich erinnere mich dunkel, daß ich bei einem vergleichbaren Seminar, das eine Woche ging, mindestens so verzweifelt wie trotzig mitten in der Nacht 5 Kilomter durch den Wald ins nächste Dorf marschiert bin, weil ich keine Zigaretten mehr hatte und überzeugt davon war, daß ich das ohne Kippen nicht durchstehe. Wir kaufen also vorsorglich eine Stange von unseren Lieblingsfluppen. Man weiß ja nie. Dann wirft der Unk die berechtigte Frage ein, ob ich mir denn sicher sei, daß es dort auch Kaffee und nicht nur Yogitee gäbe. Ich muß zugeben, daß ich mir nicht sicher bin. Wir wissen ja beide, wie das so ist mit mir ohne Kaffee. Also schnell noch das Instantmodell Kaffee eingeladen. Ach ja, und Milchpulver! Heißes Wasser werden se ja wohl haben. Schokolade? Ok, Kekse und Schokoriegel für den Notfall. Es gibt Momente im Leben, da kann man sich nicht mit einem Äpfelchen zufrieden geben. Und weil es ja in der Schweiz sicher kalt genug ist, nehme ich noch einen großen Pack Landjäger mit, kann ich ja dann auf dem Fensterbrett verstecken. Hat bei den Buddhisten vor zwei Jahren auch astrein funktioniert. Viellicht muß ich ja mein Krafttier oder mich mit irgendwas Vernünftigem füttern.
Unk sei Dank bin ich immer glänzend vorbereitet.

Ma Aura