Pyjamaparty

To sleep c'est chic.

To sleep c’est chic.

Da mein Körper mittlerweile jede Nacht entgiftet wie der Teufel und ich daher mindestens einmal klatschnass geschwitzt aufwache und meinen Schlafanzug wechseln muss (ja, ich trage Schlafanzüge und liebe es!), komme ich mit dem Waschen nicht mehr hinterher, und die Schlabberteile werden knapp. Zudem befinden sich darunter Modelle, die ich zu Hottis Babyzeiten angeschafft habe, und genau so sehen sie auch aus. Zeit für neue Nachtwäsche!

To sleep c’est chic

Da wir einen wahnsinnig nachhaltigen und finanziell nicht allzu breit aufgestellten Haushalt betreiben, shoppen Hotti, Lotti und ich am liebsten Second Hand, sowohl analog als auch digital. Es ist Sonntag, mir ist schlecht, außerdem sind wir drei erkältet und es gibt nichts zu tun, also auf zur Flohmarkt-Plattform Kleiderkreisel. Ich gebe „Schlafanzug“ und meine Größe ein und bin auf der Stelle überwältigt ob der angezeigten Treffer. Als deformierte Mutter, die ich bin, denke ich natürlich nicht nur an mich, sondern sofort auch an die Brut und ihre potenziellen Schlafbedarfe, und bestelle Hotti und Lotti in meine hoheitlichen Gemächer ein. Gemeinsam sichten wir das Angebot, das dominiert wird von lollipoppigen Kitschkostümen mit Schleifchen, Rüschchen, Tierchen und geisteskranken Slogans auf der einen und knappen, rotlichtverdächtigen Plastikfummeln auf der anderen Seite. Wer wie wir auf der Suche ist nach grundsoliden, ehrlichen Schlafanzügen ohne Tiermotive und Mottos, dafür aber in moderaten Formen und Farben sowie naturnahen Materialien, hat es hier erst einmal schwer.

Coffee, Croissants and your Boyfriend

So sehen wir uns auf den ersten Blick nicht nur konfrontiert mit wahlweise schrillen oder bonbonfarbenen Herzchen, Blümchen, Sternchen, Bärchen, Kätzchen, Weihnachtsbäumen, Elchen und Eulen, sondern auch mit deepen Aufdrucken wie „Love“, „Honey“, „Wild Thing“, „Happy happy happy happy happy happy happy happy“, „Sweet Home“, „Sweet dreams“, „Once upon a dream“ (alles gerne in Kombination mit Snoopy, Miffy, Tweety oder Hello Kitty) oder Imperativen für die Nacht wie „Dream sweetly, sleep peacefully, wake up happily“ oder „Live, dream and be happy“. An Einfallsreichtum und Tiefsinn nicht zu überbieten sind auch „Born to sleep“, „To sleep c’est chic“, „Love is full of surprises“ (wie wahr!) oder „Coffee, Croissants and your Boyfriend“. Lotti postuliert: „Sowas kommt uns nicht ins Haus, das Ganze muss ja irgendwie noch Stil haben.“ „This moment should last forever“ scheint mir bezüglich meiner gegenwärtigen Lebenslage nicht ganz passend, für „This is the beautiful flowers stupend love“ hätte ich gerne eine Übersetzung, und bei „Collect moments not things“ möchte man ergänzen „… and hässliche Schlafanzüge“. Faszinierend auch die Drohung „What if i dream about you?”. Bei „Oh deer!“, einem Modell mit Reh, ist Lottis Toleranzgrenze erreicht, streng hält sie fest: „Keine Wortwitze auf meinen Schlafanzügen!“

Keep the Standard. Strong finish. Original. Extend the lead.

Der Vollständigkeit halber werfen wir noch einen kurzen Blick in die Männerabteilung, um zu sehen, was die nächtliche Herrenmode so hergibt. Erwartungsgemäß stoßen wir hier auf freche Karos und Streifen in fröhlichem Dunkelblau, -grün oder -rot sowie frischem Anthrazit und Schwarz; hübsche Motive wie Dinosaurier, Flugzeuge, Panzer oder Superhelden (außer Iron man, Homer Simpson und Papa Bear) sind jedoch Mangelware. Auch Mottos sind hier eher rar gesät: Außer „Keep the Standard. Strong finish. Original. Extend the lead.”, „Life is better at the beach“, „Winter Legend“ und „Gasoline – power 79“ finden wir nur „BVB“, „NASA“, zwei Modelle mit asiatischen Schriftzeichen, bei denen wir uns gar nicht vorstellen wollen, was die bedeuten, und „Sometimes you have to ride the wave you’re given“. Immerhin steht da nicht „wife“.

Alles richtig gemacht

Nach unserem Ausflug in die nächtliche Unterwelt gelingt es uns dann doch noch, eine stattliche Anzahl passabler Teile zu ergattern, die unseren hohen Ansprüchen genügen, und wir sehen mit Vorfreude der kommenden Paketflut entgegen. Die nächsten Tage sind wie Weihnachten: Mehrmals täglich klingeln berittene Boten und werfen Maxibriefe und kleine Päckchen vor unsere Haustür, wir packen aus, probieren an und sind im Glück, um nicht zu sagen „Happy happy happy happy happy happy happy happy“. Zugegebenermaßen findet sich dann doch die eine oder andere Eule oder Katze auf den guten Stücken (keine Rentiere!), und Lotti ist auch mit Hottis Bestellung von zwei doch etwas halbseidenen und bauchfreien „Schlafis“ nicht ganz zufrieden: „Die halten aber nicht die Nieren warm!“ Aus pandemiestrategischer Perspektive jedoch legen wir eine Punktlandung hin: Exakt zum neuen Lockdown sind wir gerüstet für den sich nun aufdrängenden Winterschlaf. Wo wir sind, ist wieder einmal vorn.

Urlaub in Zenhausen [1]

Würde und Magen-Darm-Infekte schließen sich aus.

Willkommen, welcome, bienvenue, ein neues Jahr [2] erwartet Sie, dessen Beginn Sie hoffentlich ebenso aufregend wie wir begangen und eingeläutet haben. Nachdem wir einen Tag vor Silvester noch geschwind und erfolgreich Lottis achten Geburtstag mit gefühlten anderen 500 Familien im Spaßbad abgefeiert haben (kein Kind ist abgesoffen), stürzen Wolverine und ich uns auch schon wieder in die Vorbereitungen des anstehenden Jahreswechsels. Monsieur installiert tolle bunte Blinklichter, die im Set mit der Discokugel unter dem Weihnachtsbaum lagen, auf meinem Buffetschrank, vom Einsatz des Stroboskops [3], ebenfalls im Discoset enthalten, rate ich angesichts des ohnehin schon recht erhöhten Adrenalinspiegels der Kinder allerdings eher ab. Ich verteile Luftschlangen überall, und dann kommt auch schon Frau Antje aus Holland [4], die meine frisch renovierte Küche derart „90er“ findet, dass sie darin direkt eine alternative Clubdisco eröffnen möchte, die „Mathilde 11“ zum Beispiel. Ich behalte das mal als Geschäftsidee im Hinterkopf.

Der Rest des Festes ist schnell erzählt: Wulle schläft auf der Stelle ein, Rulle bald danach, Boney M’s Zappel und Zuppel fallen beim „Dinner for One“-Schauen vor Lachen fast von den Stühlen, und Dark Lotti schafft es nicht nur, sich einen Knaller ins Auge zu schießen, sondern sich auch beim Bleigießen eine beachtliche Brandblase zuzulegen. Herzog Ullrich, der die amtierende und bislang ungeschlagene Verletzungskönigin noch nicht so lange kennt, fragt mich, ob ich es schon mal mit einen Schutzbann rund um das Kind probiert hätte. Auch das eine blendende Idee, auf die ich schon aus Zeitgründen sicher bald zurückkommen werde. [5]

Romantisches Wochenende zu zweit

Als dann Hotti und Lotti für drei Tage ihren Papa heimsuchen, will ich nur noch eins: raus aus meiner Wohnung und Urlaub in Zenhausen. Wolverine schlägt vor, bevor wir uns es in seinem Wellnesstempel so richtig gemütlich machen, doch noch „geschwind“ die Discokugel in meiner Badezimmerdecke anzudübeln. Ich schlage ihm dies ebenso geschwind wieder aus dem Kopf und packe meine Saunasachen. Was mir vorschwebt, sind maximale Bewegungslosigkeit sowie Verdrängung sämtlicher realer Anforderungen, und zwar sofort. Im Thermalbad bemerke ich, dass ich meinen Bikini vergessen habe, aber egal, ich erwerbe einen schicken schwarzen Omabadeanzug und falle nach der ersten Schwitz- und Schwimmrunde in einen tiefen Schlaf des Vergessens.

Der Urlaub wird super. Wir essen, schlafen, lesen, glotzen, und dann wir mir schlecht, so schlecht, dass ich Wolverine aus der Dusche scheuchen muss, um mich ganz dringend in seine Toilette zu übergeben. Das tue ich dann in stündlichen Abständen bis um sechs Uhr morgens, und dann lasse ich mich vom gleichmäßigen Schnarchen des X-Man in den Schlaf wiegen. [6] Als ich mittags aus dem Bett auferstehe, werde ich mit Wärmflasche und Kamillentee versorgt, und auf dem Rückweg nach Hause machen wir noch einen Schlenker über die Tankstelle und besorgen ein koffeinhaltiges Kaltgetränk mit Zitronensäure, Zwieback haben sie nicht mehr. Der krönende Abschluss eines romantischen Wochenendes.

[1] Die genaue Ortsbezeichnung geht auf Herzogin Fanta I. zurück. [zurück]

[2] 2014. [zurück]

[3] Ein Stroboskop (griechisch strhόbos ‚Wirbel, Sichdrehen‘, strhόmbos ‚Kreisel‘, skopeΐn ‚betrachten, beobachten‘) ist ein Lichtblitzgerät, das Lichtblitze in sehr regelmäßigen zeitlichen Abständen abgibt, wodurch bei dunkler Umgebung Bewegungen abgehackt als eine Abfolge von stehenden Bildern erscheinen. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Stroboskop) [zurück]

[4] Frau Antje kommt eigentlich aus dem Osten, aber Zonen-Gaby hätte sie womöglich leicht übelgenommen. [zurück]

[5] Zu erwähnen wären an dieser Stelle alleine im November 2013 zwei Kopfverletzungen, wegen derer Lotti aus der öffentlichen Lernanstalt abzuholen und in der Kinderklinik auf Gehirnerschütterungen zu untersuchen war. Einmal versteckte sie sich vor der Lehrkraft unter dem Tisch, um dann unkontrolliert in die Höhe zu schnellen, woraufhin ihr schlecht wurde und sie verschwommen sah. Ein anderes Mal nutzte sie die einzige auf dem Schulhof zugefrorene Pfütze, um gegen ein anderes Kind zu schlittern und auf dann auf den Hinterkopf zu stürzen. Als sie ein weiteres Mal (ebenfalls im November 2013) senkrecht mit dem Kopf zuerst von ihrem im Zimmer montierten Trapez auf den Boden knallte, blieb es lediglich bei einer Beule. Meine mehrfach ausgesprochene Drohung, Lotti künftig nur noch mit Fahrradhelm und Rugby-Ausrüstung aus dem Bett zu lassen, blieb bislang ohne Konsequenz. [zurück]

[6] Ich muss wieder einmal feststellen, dass Würde und Magen-Darm-Infekte sich grundsätzlich ausschließen. [zurück]

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Beyond

Nachdem man in den letzten Jahren diverse Kinder geboren, die dazugehörigen Plazentae, Beziehungen und andere Illusionen begraben, Universitätsabschlüsse, Umzüge und Kindergeburtstage gemanagt, sein Innerstes in einem öffentlichen Tagebuch preisgegeben sowie Playlists auf Youtube angelegt hat, gilt es nun, pünktlich zur anstehenden Vorweihnachtsmadness, sich der möglicherweise letzten Herausforderung zu stellen: dem Handarbeitsdiskurs. Mein Plan für dieses Jahr sieht folgendermaßen aus: Ich kaufe Unmengen an Wolle und Nadeln, Fanta bringt mir Häkeln bei, und alle bekommen Mützen. Menschen, die diesen Blog verfolgen, vergessen alles, was sie bisher gelesen haben, entweder sofort oder werden unter der Nordmanntanne unbändige Freude heucheln.

Fanta sagt für die erste Handarbeitsstunde direkt und freudig zu, Ma Baker ist spontan sehr beeindruckt ob meiner Entschlossenheit und träumt seit unserem letzten Telefonat von den Landfrauen und Weihnachtsbasaren, und sogar Bedenkenträgerin Dr. Sprite, die zunächst mit hochgezogener Augenbraue darauf verweist, dass der Wolldiskurs ja gerade eh voll trendy wäre, zieht nach manischen Ausführungen meinerseits (blühende Landschaften!) in Erwägung, ihr vor Jahren eingemottetes Stricknadelset zu reaktivieren. Wenn ich eins kann, dann ist es mitreißen, egal wohin.

„Mütze häkeln“

Das Ergebnis der ersten Handarbeitsstunde mit meiner Lieblingsgrundschullehrerin ist frustrierend und landet im frisch aufgestellten Küchenschrank von Batman. Und weil mich heute das Siechtum dahingerafft hat, so dass ich keiner geregelten Arbeit, sondern lediglich maximal stumpfsinnigen Aktivitäten nachgehen kann, lege ich mich ins Bett, befestige Wärmflasche und Laptop auf meinem Bauch und youtube „Mütze häkeln“. Das erste Video ist eine ernstzunehmende Anleitung für halbe Stäbchen, ich denke „Keine halben Sachen!“, suche erst mal weiter und stoße dabei auf „Boshi in einer Minute“, wobei mich selbstverständlich vor allem „in einer Minute“ reizt. Von Fanta weiß ich, dass Boshi gerade voll hippe Häkelmützen sind, die zur Zeit offenbar vorrangig von männlichen Planetenbewohnern gefertigt werden, und sie muss es ja wissen, schließlich ist ihr Ex bereits diesem neuen Trend verfallen. Vollends abgetörnt werde ich schließlich vom dritten Video, in dem eine zuckersüße Schnuckimausi die „Jungs“ von MyBoshi und Hatnut fragt, warum und wieso sie denn zum Häkeln gekommen sind, was sie so besonders macht und ob sie heimlich auch mal stricken. Die Jungs kichern und kokettieren damit, dass sie eher nicht so stricken, weil sie schließlich Männer seien und dadurch nicht in der Lage, zwei Geräte gleichzeitig zu bedienen. Offenbar ebenfalls ein neuer Trend: die unterstellte Blödheit als niedlichen Fakt verkaufen und sich dann entspannt zurücklehnen. Mit Häkeln bin ich jedenfalls fertig. Morgen wieder Rockstars stalken.

Gut. Was wünscht Ihr Euch sonst so?

Karte rein, glücklich sein

Wenn man innerhalb von 21 Monaten die 89. Runde unerquicklichsten Liebeskummers wegen dem gleichen Typen dreht, gibt es fast nichts Besseres als einen Abend mit Wärmflasche, Stricksocken, Schlabberhose, Plüschdecken, Ignatia D6, einer halben Flasche Wein und dem Programm von Sixx, auch wenn man normalerweise weder trinkt noch fernsieht. Liebeskummer ist Luxus, und man entwickelt ja eine gewisse Routine. Glücklicherweise laufen vier Folgen Sex and the City am Stück, unglücklicherweise läuft dazwischen ein Haufen dämlicher Werbung. Frauenwerbung, schließlich ist Sixx der einzige autorisierte Frauensender, zumindest hierzulande.

Jedenfalls, die Werbung. Da hätten wir als erstes windeln.de mit einer „Riesenauswahl an Babyartikeln“, als nächstes irgendeine Schokolade, direkt gefolgt von einem Mittel gegen „Dehnungsstreifen“ (nie gehört). meinmuesli.de verspricht „das perfekte Müsli“, Edeka mobil dagegen „Karte rein, glücklich sein“. Dazwischen eine erfrischende Vorschau für das Halloween-Programm: Scary Movie I+II und der Serienmontag mit vier Folgen Vampire Diaries, prima, da falle ich wenigstens nicht auf. Dann irgendwas mit „Mode, Styling, Wellness – einfach alles, was uns Frauen interessiert, spannend und bunt wie wir“ (ich distanziere mich) und schließlich Chance Chanel. Elitepartner.de für „Akademiker und Singles mit Niveau“ gibt mir den Rest. Und dann sind es auch noch die letzten vier Folgen der letzten SATC-Staffel, und alle entdecken die Liebe, und Big holt Carrie nach New York zurück. Gott, was für ein Dreck.

die aktuelle

Ich, wir beide und Schaf

Schaf mit Freund

Eines meiner Lieblingsstilmittel ist der Animismus – seelenlosen Alltagsgegenständen Leben einhauchen, sie denken, fühlen und sprechen lassen. Während der letzten drei Jahre wurde ich Zeugin eines spontanen Animismus, der sich auf sehr eigenwillige Weise in meinem direkten Umfeld ereignet hat. Eigenwillig deshalb, weil den zu animisierenden Gegenständen normalerweise ihr Leben von irgend jemandem ( normalerweise der Autorin ) eingehaucht wird, während in unserem Fall eher sowas wie eine Eigenbelebung stattgefunden hat.
Es begann alles in einem Tübinger Drogeriemarkt, in den ich mich vor einigen Jahren völlig verkatert und mit Regelschmerzen verirrt hatte. Da stand ich dann desorientiert rum zwischen Mönchspfeffer und Kondomen, bis mein Blick auf einen Ständer fiel, an dem puschelige Wärmflaschen in Schafform hingen. Mein regelschmerzender Bauch las nur das Schildchen, auf dem “ Wärme zum Wohlfühlen“ stand und schon lag eines dieser wonnespendenden Tierchen in meinem Einkaufskorb. Die ersten paar Tage war alles normal, ich füllte dem Schaf heißes Wasser in seinen dafür vorgesehenen Bauch und es tat, wozu es erschaffen worden war. Es verbreitete Wärme zum Wohlfühlen. Doch schon nach kurzer Zeit bemerkte ich beim Einschlafen eine gewisse Unruhe in meinem Bett. Irgendwie schien der Wonnespender nicht mehr ruhig auf meinem Bauch liegen zu bleiben. Es ging immer hin und her, knautsch und rangel und deckezupf. Immer wenn ich das Licht anmachte lag Schaf völlig wärmflaschenkonform da. Doch sobald ich wieder am Einschlafen war ging es von vorne los. Nach einer unruhigen Nacht wachte ich am nächsten Morgen auf und fand Schaf neben mir, wie es sich, einen Großteil der Decke ansich raffend, auch auf das Kopfkissen quetschte. Damit war eine neue Ordnung hergestellt, eine Augenhöhe, die sich trotz mehrfacher Versuche meinerseits nicht mehr rückgängig machen ließ. Schaf dachte nicht daran, sich wieder seiner Bestimmung zu widmen. Ich mußte mein Kopfkissen von nun an teilen. Als der Winter hereinbrach und das Bett abends erst angewärmt werden mußte stellte sich heraus, daß mittlerweile meine Beschützinstinkte geweckt waren, was bedeutete, daß ich Schaf wärmte, damit es nicht fror, anstatt umgekehrt. Und nach und nach entwickelte Schaf ein großes Interesse an bestimmten Bereichen des menschlichen Lebens. Es liebt Schokolade und Kekse jeder Art, ist ein großer Krimifan und schaut überhaupt sehr gerne fern, am liebsten zwischen meinem Liebsten und mir liegend. Dabei kommt es schon auch mal vor, daß die männlichen Beschützinstinkte dazu führen, daß mein Liebster der Wärmflasche die Augen zuhält, wenn es unheimlich wird. Damit Schaf nachher keine Albträume hat, wie er zu sagen pflegt.
Die einzigen Momente, in denen Schaf sich noch benimmt wie eine Wärmflasche sind die, in denen solche Fragen auftauchen wie “ Wer fährt jetzt schnell in der Eisekälte zum Aldi und kauft Rahmmandelschokolade“ oder „Jemand müßte noch das Altpapier rausbringen, das Klo putzen, Holz holen, den Kompost entsorgen…!“
Aber man kriegt ja soviel zurück!

Ma Baker

Halt ich’s aus?!

Hormonschwankungen kennt jeder von uns, in den Genuss des Prämenstruellen Syndroms (PMS) kommt allerdings nur die weibliche Hälfte der Weltbevölkerung, und auch von der nur eine Gruppe der Auserwählten. Mein Großer GU Kompass Homöopathie beschreibt einige der prickelndsten Symptome des PMS wie folgt:

Empfohlene Globoli: Sepia D12

„Sie würden am liebsten alles liegen lassen und abhauen; Abneigung gegen Beruf, Familie und Sex; Sie sind wütend, aggressiv und reizbar, aber auch sehr empfindlich, depressiv, weinerlich; schwach und müde; spannende Brüste, Akne, Kopfschmerzen und Sauberkeitsfimmel; Morgenübelkeit, Ekel vor Fett, aber Verlangen nach Saurem, Süßem oder Salzigem.“

Abgesehen von Kopfschmerzen, Morgenübelkeit und Ekel vor Fett kann ich persönlich in den drei Höllentagen vor den Tagen alles unterschreiben, würde die Aufzählung allerdings noch um zwei weitere Punkte ergänzen: 1. Wassereinlagerungen in sämtlichen nur denkbaren Problemzonenbereichen, 2. vorübergehende Hellsichtigkeit. Der Wunsch abzuhauen wird übermächtig, man ist froh und dankbar für jede gewaltfrei verbrachte Minute, möchte abwechselnd heulen und schlagen, man ist verpickelt, putzgeil und süchtig nach Nutella, Chips und Sherry. Mental ist man unterwegs in den Hades, physisch auf dem Weg zur Wassertonne. Nach drei Tagen hormoneller Talfahrt würde man für den sofortigen Eintritt in die Menopause jedem dahergelaufenen Scharlatan auf der Stelle seine Seele, seine Kinder und seine Großmutter verkaufen.

Die TOP FIVE meiner PMS-Shitlist

Auf die oben aufgeführte vorübergehende Hellsichtigkeit wurde ich aufmerksam durch einen buchstäblich sehr erhellenden Artikel („Drei Tage Klarsicht“) in meiner erklärten Lieblingszeitung Brigitte (ich habe nichts mehr zu verlieren). Darin beschrieb die Autorin, wie sie die Tod-und-Teufel-Zeit als Indikator nutzte für die Dinge, die ihr zwar unerträglich waren, die sie sonst jedoch erfolgreich verdrängte, und die ihr jetzt plötzlich mikroskopisch 1000fach vergrößert erschienen: Auseinandersetzungen mit der pubertierenden Tochter, Ärger mit dem Chef etc. Mit anderen Worten: Man hat vorübergehend einen glasklaren und unbestechlichen Blick dafür, was man wirklich nicht mehr aushält und womit man wirklich nicht mehr leben möchte. Die Konsequenz: Man merkt sich diese Dinge für die Zeit danach, in der man wieder in der Lage ist, Unerträgliches nicht mit der Axt, sondern mit Diplomatie und Verstand zu lösen.

Hier in Wunderbra nun exklusiv die Liste meiner bisherigen PMS-TOP 5:

1. Kindergetrödel im Badezimmer
2. Kindergesaue beim Essen
3. Kleiderdiskussionen mit Kindern
4. mein Ex
5. der Kapitalismus

Die Gliederung ist nicht hierarchisch.

Anarcho-Platanen belästigen Anwohner und Autos

Aus aktuellem Anlass muss ich meine persönliche Shitlist leider um einen Punkt erweitern. Vor meinem Haus am schönen Sternplatz wurden just fünf von elf Platanen gefällt mit der Begründung, dass sie sich nicht an die vorgeschriebenen EU-Baumrichtlinien gehalten haben. Nein, das habe nicht ich mir in einem meiner ständigen Anfälle von Albernheit ausgedacht, sondern die Stadtverwaltung Lingendingen, und es ist ihr voller Ernst, so Ernst, dass die Bäume weg mussten: Selbst schuld, wer sich nicht an die Regeln hält, muss gehen. Ausgelöst hat diesen Schwachsinn ein Beschwerdeschreiben von Anwohnern, die sich bitter über die Vermüllung ihrer Regenrinnen durch die Anarcho-Platanen beklagt hatten, woraufhin die Stadt nicht nur aufhorchte, sondern auch gleich die Baumverordnungsrichtlinien auspackte, nachmaß und befand, dass die Bäume weder den ihnen vorgeschriebenen Abstand zu den umliegenden Häusern ein- noch sich von der Straße fernhielten, wo sie Busse und LKW behelligten. Ebenfalls echt nicht zum Aushalten: Verwaltungsirrsinn.