Wie war die Woche, Liebling?

Es ist zwar erst Donnerstag, innerlich habe ich diese Woche allerdings bereits abgehakt und würde gerne zur nächsten übergehen. Zeit also für einen kleinen Rück- und Ausblick.

Montag: Tschüss Auto
Die Woche beginnt mit einer qualmenden und nach Schwefel stinkenden Autobatterie (vier Monate alt) und das einen Tag, bevor ich mit meinen werten KollegInnen Frau Dr. Sprite und Mr. Sonic zu einem Workshop im Siebenzwergegebirge fahren soll. Leider kann mir keiner der vier Autohelden, die ich zur Rettung von R2D2 (mein Auto, 17 Jahre alt) bemühe, spontan wirklich weiterhelfen. Die Ferndiagnosen reichen von Kurzschluss über Marder bis hin zum Lichtmaschinenregler. Mein Haus- und Hofmechaniker ist leider für die nächsten zehn Tage verhindert, also gibt mir eine Freundin die Nummer ihres Haus- und Hofmechanikers. Wie sich herausstellt, handelt es sich dabei um denselben.

Dienstag: Ein Käfig voller Narren
Wir fahren also mit einem anderen Auto zum Workshop ins Siebenzwergegebirge. Offizielles Thema ist „Laubsägearbeiten – früher und heute“, aber darum geht es nicht. Man fragt sich, warum man sich inhaltlich vorbereitet hat und nicht psychisch und kampftechnisch. Der Raum ist voll von Profilneurotikern, die den Mund nicht zubekommen, das Seminar eine Plattform für lauter kleine Egomanen. Ich komme mir vor wie zu Hause: ICH!! Nein, ICH!! IIIIICH!!!!!! Willichnicht!!! Willnichtwillnichtwillnicht!!!!!!! Dagegendagegendagegen!!! Du bist sooo blöööd!! Ich mach nicht mehr mit!!!! 55jährige Männer, die sich aufführen wie Dreijährige, das ist nicht schön.

Mein persönlicher Tiefpunkt ist erreicht, als der Seminarleiter mich beiseite nimmt und fragt, ob diese Augen lügen könnten. Erschrocken drehe ich mich um, möglicherweise steht jemand neben mir, den ich übersehen habe, ich sehe aber niemanden, er muss meine Augen meinen, aber wieso sollten diese lügen können, mir ist der Sinn seiner Worte überhaupt nicht klar, also stammele ich eine Antwort, die irgendwo zwischen „Auf gar keinen Fall!“ und „Gar keine Frage!“ angesiedelt ist, und flüchte mich zu meinen KollegInnen in die Raucherecke (nachträglicher Vorsatz für 2010: Dringend wieder mit Rauchen anfangen!!!). Nach einem Tag unter hochgradig psychisch Auffälligen möchte ich nur noch schlagen.

Mittwoch: Tschüss Computer
Mein Laptop verabschiedet sich. Immer, wenn er sich anhört wie ein Staubsauger, weiß ich, er raucht gleich ab, spätestens in zwei Minuten. Ich hasse diesen Sound. Organisiere Auto, um am nächsten Tag zur Arbeit zu fahren.

Donnerstag: Tschüss Gesundheit
Habe mit Fanta ein hochdiffiziles Autoarrangement ausgetüftelt inklusive Kinderbetreuung und -logistik, um entspannt (HA!) arbeiten zu können. Nach zehn Minuten auf der B 12784563 stelle ich fest: Ich bin krank. Hatte ich komplett ausgeblendet. Husten, Schnupfen, Halsschmerzen, dröhnende Kopfschmerzen, ich drehe um, fahre heim, lege mich ins Bett und stehe erst wieder auf, als ich Hotti und Lotti von ihren Freundinnen holen muss.

Donnerstagabend: Hallo Außerirdische
Habe fremde Lebensformen in meinem Badezimmer entdeckt. Sie benehmen sich unflätig, grölen lautstark Lieder (klingt nach AC/DC) und haben Klorollen-Rüssel im Gesicht. Es entbrennt ein Machtkampf darum, wer zuerst aufs Klo darf. Sie rüsseln sich gegenseitig weg von der Toilette hin zur Badewanne, schließlich gewinnt das mit dem stärkeren Rüssel. Lese den Extraterrestrianern Schneeweißchen und Rosenrot vor („Ich bin Schneeweißchen!“ „Nein, ICH!“), nicke dabei weg, werde unsanft in die Rippen gestoßen, frage mich, was so schlecht an Rosenrot ist, lese fertig, Stimme verabschiedet sich. Zeit für mich ins Bett zu gehen.

Freitag bis Sonntag: Wünschdirwas
Schlafe durch bis Sonntag. Zwei brave, gekämmte, stille Mädchen bringen mir um 12 Uhr mittags leise eine große Tasse Milchkaffee ans Bett, dazu ein Hörnchen, frisch vom Bäcker, und schleichen auf Zehenspitzen ins Kinderzimmer zurück, um dort ruhig, gesittet und friedlich bis zum Abendessen zu spielen, das selbstverständlich sie anrichten. Ich lese mein Buch fertig (Working Mum, HA! Liest sich wie mein eigenes Tagebuch.), schaue eine DVD nach der anderen und träume vom Sommer.

Me, myself and I

Wie machst du das nur?

Kinder werden ja von morgens bis abends gelobt. Teilweise auch für banale Kleinigkeiten und über den grünen Klee, aber egal, Hauptsache, sie erlangen am Ende ein positives Selbstbild samt gesundem Selbstwert, Stichwort Resilienz. Das ist aber ein schönes Bild! Großartig, wie Du Dir immer die Zähne putzt! Du sitzt auf dem Klo und hast Kacka gemacht? Sensationell! Weiter so! Ist man erwachsen, sieht das Ganze schon anders aus. Keiner klopft einem anerkennend auf die Schulter, wenn man zwischendurch mal im Schneegestöber mit eisstarren Fingern und erstmals (!) die Glühbirne des vorderen rechten Autoscheinwerfers erfolgreich (!!) austauscht, und niemand findet auch nur ein Wort des Lobes, wenn man regelmäßig und fließbandartig sechzig (!!!) Finger- und Fußnägel auf Normalmaß zurückkürzt. Es honoriert auch niemand, dass man seinen Weihnachtsbaum rechtzeitig beim CVJM zur Abholung anmeldet oder das eigene Kind beim Turnkurs – ganz zu schweigen von täglichen Glanzleistungen wie Kochenputzenwascheneinkaufen, Arbeiten, Kinderbespielen, kreativer Selbstverwirklichung und Soziallebenaufrechterhalten.

Wer, wann, wo, wenn nicht ich, jetzt und hier?

Aus diesem Grund halte ich es an dieser Stelle für angemessen, wenn nicht überfällig, eine Lobeshymne auf die Person anzustimmen, die es schon lange verdient hat und ohne die unser überaus harmonisches Familienleben samt reibungslosen Abläufen nicht möglich wäre, nämlich mich:

Hochverehrte und überaus geschätzte aktuelle!

Guten Morgen, Liebling!

Ich finde es grandios, wie du dich auch nach der 2196. kinderbedingten Horrornacht jeden Morgen aus dem Bett quälst, um eben diese Kinder mit einem verzerrten Lächeln im Gesicht zu wecken, ihnen Frühstück zu machen, die Zähne zu putzen und den Turnbeutel hinterherzutragen. Es ist triumphal, wie Du es trotz allmorgendlicher Schlammschlachten in Kinderzimmer, Küche und Bad schaffst, meistens pünktlich auf der Arbeit zu erscheinen und nach einem langen Arbeitstag beim allabendlichen dadaesken Rückwärtsprogramm in Küche, Bad und Kinderzimmer recht häufig die Nerven zu behalten. Ich bin beeindruckt, wie du jeden Morgen zwischen Tür und Angel die Überschrift der Tageszeitung liest, und preise die Demut, mit der du täglich mindestens eine Sorte Müll drei Stockwerke nach unten trägst.

Deine Nudeln mit Pesto sind eine Sensation

Die stoische Disziplin, Ausdauer und Kreativität, mit der du regelmäßig Nahrung beschaffst und zubereitest, suchen ihresgleichen, ebenso wie die Geduld und das Verständnis für das verlässlich einsetzende Kinder-Essen-Genörgel. In diesem Zusammenhang wollte ich dir schon lange sagen, dass deine Nudeln mit Pesto eine Sensation sind. Und ich fand es über die Maßen bewundernswert, wie du neulich die Spielsachen nicht aus dem Fenster geworfen hast, nachdem die Kinder auch der 172. Aufforderung zum Aufräumen nicht nachgekommen sind. Das muss dir erst einmal jemand nachmachen!

Danke auch, dass du in deiner kostbaren Freizeit erneut die Pestizidkeule über Deiner Freundin Fanta geschwungen hast, um auch der letzten Laus den Garaus zu machen. Von dir organisierte Kindergeburtstage sind Erfolgsgeschichten, Deine Weihnachtsplätzchen eine Wucht und dass du seit zwei Jahren die Bastelnachmittage im Kindergarten und Elternstammtische der Schule schwänzt, ist absolut verzeihlich. Den Gipfel der Unglaublichkeit aber erreichst du, wenn du es nach einem Tag, den die Welt nicht braucht, auch noch fertig bringst zwanzig Minuten Hausfrauengymnastik zu absolvieren. Sag: Wie machst du das nur?

Abfahrt!

Hurra, es hat geschneit!

Hurra, es hat geschneit! Mit unserem nagelneuen Dreier-Schlitten vom Christkind, dem uralten Zweier vom letzten Jahrtausend, zwei Popo-Rutschen und den Salvatores stürmen Hotti, Lotti und ich den Mount Österreich, den Hausberg unseres idyllischen Städtchens Lingendingen. Die Salvatores sind: Giannini, meine weise Freundin mit dem Klo-Tipp für Silvester, Lorenzo, ihr charmanter Mann und exquisiter Koch, Luigi, der Erstgeborene und Rennfahrer sondergleichen, Pannini, bester Karussellanschubser- und Bauernhoffreund von Hotti, Esmeralda, ein ausgemachtes Energiebündel, das noch durchs Haus tobt, wenn ihre Mutter nachts um zwei auf dem Bügelbrett einschläft, und Popeye, der gutmütige Eisbärhund. Letzterer sieht tatsächlich aus wie ein Eisbär, auf der Piste ist er quasi unsichtbar, und es grenzt an ein Wunder, dass er den Tag ohne auch nur eine Kufe in den Rippen übersteht.

Kreischende lila Streifen fliegen an mir vorbei

Die Piste ist bockelhart, erdverkrustet, sausteil und geht ab wie Schmidts Katze. Während von Hotti den ganzen Tag nur kreischende lila Streifen an mir vorbeifliegen: „MAAMMMMAAAA, VON GAAAANNZ OOOOOBEEEEEEN!!!!!!!“, tastet Lotti sich Hügelchen für Hügelchen den Mount Österreich empor. Jede Abfahrt ein Hügelchen weiter nach oben. Schließlich fahren auch wir VON GAAAANNZ OOOOOBEEEEEEN, auch wir kreischend bis zum Asphaltweg und Pistenende, und Lotti kommt zum Ergebnis: „Ich hab zwar Angst, aber es macht total Spaß!“ Eine sehr gute Einstellung, wie ich finde, nicht nur zum Rodeln im Speziellen, auch zum Leben im Allgemeinen: „Ich hab zwar Angst, aber es macht total Spaß!“

Wir brauchen Bobs!

Als Luigi vorschlägt ein Rennen zu fahren, äußert Lotti zwar Vorbehalte („Ich renn nicht, ich fahr lieber.“), macht aber trotzdem mit. Luigi nimmt den Bob und wird erster, Lotti und ich mit Schlitten zweite, Lorenzo dritter. Nochmal! Beim Abschlussrennen nehmen Lotti und ich den Bob, das geht ab, und werden erste, Giannini schanzt, ebenfalls mit Bob, drei Meter und taucht erst etwas später wieder auf, Lorenzo ist unauffindbar. Am Ende des Tages steht fest: Man hat Angst, es macht Spaß, und wir brauchen Bobs!

Der vierte Advent: Bug-Busting

Kopflaus (Pediculus humanus capitis)

Kopflaus (Pediculus humanus capitis)

Nach einer Woche schlafloser Nächte, in denen Euch nur die Frage umgetrieben hat, welche Katstrophen sich wohl am letzten Sonntag vor Weihnachten im Hause Aktuelle ereigneten, hier nun die letzte Folge unserer launigen Adventsreihe O Du Fröhliche. An diesem Wochenende habe ich es nicht nur geschafft, fünf Weihnachtspäckchen rechtzeitig zur Deutschen Post und ihren Rentieren zu schleppen sowie letzte Geschenke zu besorgen, nein, ich war auch auf einem sehr geilen Konzert, Frühstücken mit Ma Baker, habe mit Robbie (Williams) geputzt und geduscht sowie mit meiner Freundin Fanta und einem gepflegten Gläschen Sherry die dritte Staffel Sex and the City genossen. Eine Erfolgsgeschichte. Diesmal ungelogen!

Läuseeier überstehen mühelos Atomkatastrophen

Eine Entlausungskur und der Tag ist gelaufen.

Eine Entlausungskur und der Tag ist gelaufen.

Aber das Leben wäre natürlich nicht das Leben, wenn es nicht selbst am harmonischsten Vorweihnachtswochenende einen Knaller auf Lager hätte. Da sitze ich also Samstagabend gemütlich mit Fanta auf dem Sofa, trinke Sherry und schaue Carrie und ihren Freundinnen beim Sex in der City zu, da meint Fanta: „Wir haben Läuse.“ „Wir“ sind in dem Fall Fanta und ihre drei Kinder, Mulle, Rulle und Wulle, Läuse dagegen ekelhafte Mistviecher, die ihre Eier auf anderer Leute Köpfe ablegen, und es ist eine Drecksarbeit, sie wieder loszuwerden. Man muss nicht nur Betten abziehen und tonnenweise Wäsche waschen, sämtliche Stofftiere und andere Textilien eintüten und tagelang tiefgefrieren, man muss vor allem auch die befallenen Köpfe einer stinkigen und giftigen Entlausungskur unterziehen. Das erfordert Zeit, Geduld und Nerven, der Tag ist gelaufen.

Wir fallen in einen kollektiven Vollrausch

Am nächsten Tag, es ist, natürlich, der vierte Advent, rückt das Sondereinsatzkommando Bug Busters den Parasiten mit Chemikalien zu Leibe, deren Geruch uns sofort in einen kollektiven Vollrausch versetzt. Wir kämmen riesige Läuse aus den Haaren, die wir mit Tesafilm fixieren und zu Forschungszwecken an die strahlend weißen Badezimmerkacheln kleben, da kommen sie besonders gut zur Geltung, und wir kämmen Nissen aus den Haaren, die dort von den Läuseeltern mit Superläusespezialkleber derart liebevoll befestigt wurden, dass sie ohne Not eine Atomkatastrophe überstehen würden, ohne abzufallen. Das Ergebnis: Bei Mulle zählen wir 55 Tierchen, bei Fanta 32, bei Rulle lediglich eine Nisse, bei Wulle gar nichts, er hat verloren, aber es stört ihn nicht sonderlich. Als eine Nachbarin klingelt, um einen festlichen Eisstern mit Kerze vorbeizubringen, wird sie an der Tür von Mulle und Rulle abgefangen: „Wir haben ganz viele Läuse an die Wand im Bad geklebt! Willst Du sie mal sehen?“ Mich juckt es auch schon überall.